Osteuropa-Expertise jetzt!

Einige Intellektuellen Deutschlands fühlten sich das zweite Mal dazu veranlasst, ihr Bedenken und Befürchtungen zum Ukrainekrieg mit dem Appell „Waffenstillstand jetzt!“ öffentlich kundzutun. Als Intellektuelle, die sich seit dem s.g. Dreyfuss-Prozess als Beschützer der Wahrheit verstehen, müssen sie es sogar. Ihr Anspruch, sich in die öffentlichen Angelegenheiten einzumischen führt dazu, dass sie in komplizierten und schwierigen politischen Situationen laut und unbequem werden und hartnäckig, dennoch richtigerweise auf universelle Werte pochen. Was sie jedoch nicht machen dürfen, als Expert*innen auftreten, wenn sie keine sind.

Es fällt eines bezüglich der beiden offenen Briefe in Emma Ende April und in der Zeit Ende Juni auf: Unter den Unterzeichner*innen befinden sich keine Osteuropa-Expert*innen. Sie haben weder zu dieser Region geforscht, noch sprechen sie höchstwahrscheinlich die Sprachen. Sie sind größtenteils Philosoph*innen und Künstler, selbst die Politikwissenschaftler unter ihrer Reihe haben ihren Forschungsschwerpunkt nicht auf Osteuropa liegen. Wenn in den politischen Talkshows über den Ukrainekrieg diskutiert wird, sind die Wissenschaftler*innen der zwei Briefe gern gesehene Gäste. Das erweckt den Anschein, wie darauf Franziska Davies schon hingewiesen hat, dass sie wegen ihrer Osteuropa-Expertise eingeladen worden sind, und nicht, wie das tatsächlich der Fall ist, wegen ihrer markanten Meinung. Dass gerade Journalist*innen offensichtlich nicht zwischen Expertise und Meinung unterscheiden können oder wollen, ist ein schwerwiegendes Problem, denn sie nehmen Einfluss auf die öffentliche Meinung und sie suggerieren die Gleichsetzung von jahrelanger Forschung und ideologiegeleiteten Überzeugungen. Für die Einordnung der unterschiedlichen Positionen in der Öffentlichkeit braucht es allerdings Regionalexpertise jenseits der universalistischen Forderungen nach Waffenstillstand, Verhandlungen und Frieden.

Gerade die aus einer universalistischer Perspektive geführte Argumentation auf der Metaebene lockt die Diskussion auf eine falsche Fährte. Eine solche Diskussion mithilfe von universal und konstant verstanden Werten und Konzepten wie Frieden, Freiheit, Demokratie oder Nation mag ein intellektueller Denkakt sein, ist jedoch naiv und realitätsfern. Diese Ideen existieren nämlich immer nur in ihren spezifischen kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenhängen und spiegeln sich auch in den unterschiedlichen politischen Logiken, Diskursen und Praktiken wider. Wer entlang allgemeingültiger Kategorien und Konzepte argumentiert, ohne zu wissen, wie diese in den betroffenen Ländern konstruiert und ausgehandelt werden, ignoriert die Wirklichkeit, die keineswegs universalistisch ist.

Die Wörter „Eskalations-“ und „Steigerungsdynamik“, deren sich die Unterzeichner*innen als Totschlagargument bedienen, verschweigen die Tatsache, das der Ukrainekrieg nicht nach dem Schmetterlingseffekt funktioniert. In diesem Fall kann der treibende Akteur eindeutig benannt werden, er heißt Vladimir Putin. Noch verblüffender ist die normative Vorstellung vom Krieg im zweiten offenen Brief. Danach ist es ein Grundsatz, der keiner weiteren Erklärung bedarf, dass „in festgefahrenen Konflikten“ „Kriegsparteien Maximalforderungen stellen oder Friedensgespräche ausdrücklich ablehnen.“ Dies ist jedoch kein Grundsatz, sondern eine billige Binsenweisheit, die in diesem Fall sogar schlichtweg falsch ist. Sie ignoriert die Tatsache, dass es nicht um zwei Kriegsparteien geht, sondern um einen brutalen Aggressor, der nicht einmal das Kriegsrecht beachtet, und um ein überfallenes Land, das den imperialistischen Träumereien des russischen Machthabers zum Opfer gefallen ist und sich jetzt mit allen Kräften und Möglichkeit dagegen wehrt. Die Aussage ist auch deswegen nicht haltbar, da Volodymyr Zelens’kyj, im Unterschied zu Putin, sich durchaus verhandlungsbereit und kompromissbereit zeigte. Putin hingegen erkennt Zelens’kyj als Handlungspartner nicht einmal an, und seine Maximalforderung ist mit nichts zu rechtfertigen: Sie zielt auf die physische und symbolische Auslöschung der Ukraine ab. Wie kann man eine ehrliche Diplomatie mit Putins Russland unter diesen Bedingungen für möglich halten? Wer also in dieser konkreten Situation, die in einen bestimmten sozio-kulturellen und geschichtlichen Kontext eingebettet ist, argumentiert, dass Waffenlieferungen nie ethisch richtig sein können, wer einfach aus ihrem Sessel heraus den erbitterten Verteidigungskampf der Ukrainer und Ukrainerinnen nicht mehr sehen will und einen sofortigen Waffenstillstand fordert, ist fernab jeglicher Realität. Eine solche Person gibt nicht nur ihre regionale Unkenntnis preis, sondern ignoriert schlichtweg das Völkerrecht. Die Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff ist ein legitimes Recht, das der Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen festlegt. Sie kann auch kollektiv ausgeübt werden, und damit bewegt sich jegliche Art der Hilfeleistung anderer Staaten auf dem Boden des Völkerrechts. Es gibt nur einen, nämlich Russland, der diesen Boden spätestens 2014 verlassen hat. Die Intellektuellen, die sofortigen Waffenstillstand fordern, ignorieren auch die Erkenntnisse der Friedensforschung, die bewiesen hat: Die Abwesenheit von militärischer Gewalt bedeutet noch lange keinen positiven Frieden. Der Waffenstillstand geht nicht automatisch mit dem sofortigen Stopp jeglicher Form von Gewalt einher, solche Regionen bleiben ohne genügende politische Anstrengungen weiterhin instabil. Aber die Unterzeichner*innen scheinen am nachhaltigen positiven Frieden nicht ernsthaft interessiert zu sein, sie wollen lediglich durch das Schießen und menschliche Sterben nicht gestört werden, alles andere, wie die Menschen selbst jenseits der Karpaten leben wollen oder müssen, ist egal. Sie verstecken sich hinter Euphemismen wie „Kriegsparteien“ und „festgefahrenen Konflikten“ und beschwören auf Banalitäten herauf, wie „Einen Diktatfrieden Putins darf es nicht geben“, die mit seriösen Lösungsansätzen nichts zu tun haben.

Das intellektuelle Armutszeugnis wird durch den überheblichen, kolonialen Blick auf Osteuropa abgerundet. Über den Ukrainekrieg zu sprechen, ohne die kulturellen, sprachlichen, gesellschaftlichen, geschichtlichen und politischen Gegebenheiten der osteuropäischen Länder mitzubedenken, und ohne sie als Akteure wahrzunehmen, offenbart ein okzidentalistisches Weltbild, das nicht frei von der Idee des Kulturgefälles ist. Die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot bezeichnet den Ukrainekrieg als einen Proxykrieg und glaubt den Schlüssel für die Beendung des Konflikts in den USA gefunden zu haben, erwähnt jedoch die Ukraine als Handelnde mit keinem Wort. Harald Welzer leitet seine moralische Überlegenheitsposition wiederum aus der deutschen Vergangenheitsbewältigung und den Kriegserfahrungen in seiner eigenen Familie ab und klammert dabei die geschichtlichen sowie gegenwärtigen Kriegserfahrungen der Ukrainer*innen aus. Und die Philosophin Svenja Flaßpöhler erhebt Anspruch darauf, zu entscheiden, „ab welchem Punkt die Opfer, die dieser Krieg fordert, nicht mehr zu rechtfertigen sind“ und bezeichnet die souveräne Entscheidung der ehemaligen Ostblockländer, der NATO beitreten zu wollen, als Ideologie. Diese Art von Kommunikation, die mit „Stellvertreterkrieg“, „NATO-Osterweiterung“ als „Provokation“ argumentiert, gehört zum „geopolitischen Fatalismus“, denn sie denkt in „quasi-naturgesetzlichen Einflusssphären“ von Großmächten und objektiviert die Länder Osteuropas. Damit richten die zitierten Intellektuellen als wichtige Meinungsträger enormen Schaden an, denn bedauerlicherweise korrespondiert ihre postkoloniale Erzählung mit Putins imperialistischem Narrativ.

Auf diesen verengten, kolonialen Blick wies die Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und Internationale Studien, Gwendolyn Sasse, hin, als sie sich beklagte, wie häufig und in welchen Kontexten die osteuropäischen Länder in der Berichterstattung und in den Diskussionen  – wenn überhaupt – vorkommen. Nach ihr ist Expertise über Osteuropa immer dann gefragt, „wenn es eine große Kriese gibt oder zu bestimmten Themen wie Krieg und Korruption. Das prägt das öffentliche Bild, insbesondere der Ukraine, aber viele Jahre haben wir andere Themen gar nicht platzieren können… Das sagt viel aus.“ Die Nichtbeachtung der östlichen Hälfte Europas und die Wiederholung von Klischees mögen in vermeintlichen Friedenszeiten in der breiten Öffentlichkeit belanglos erscheinen. In Krisensituationen wie jetzt ist das zu wenig. In dieser Stunde ist es geboten, Dinge bei ihren richtigen Namen zu nennen, Expert*innen mit Regionalwissen von Wissenschaftler*innen und Intellektuellen ohne dieses Wissen, Opfer von Tätern sowie Recht von Unrecht zu trennen wissen. Damit gültige und tiefgreifende Einschätzungen der Lage geliefert werden, sollten Ukraine- und Russland-Expert*innen vor einer größeren Öffentlichkeit zu Wort kommen können und wollen. In diesem Fall wäre die Öffentlichkeit, den politischen Würdenträger mit eingeschlossen, über den russischen Angriff nicht so fassungslos gewesen. Die Osteuropahistorikerin Anna Veronika Wendland warnte in Bezug auf den Krieg in der Ostukraine schon 2014 vor dem Fehler, „die Sprachpräferenz, die »ethnische« Zugehörigkeit und die politische Orientierung gleichzusetzen und die Mehrsprachigkeit oder situative Zweisprachigkeit der Menschen in der Ukraine zu ignorieren“, die in Deutschland „zu der platten Fehlwahrnehmung geführt [hat], dass es sich um einen ethnischen Konflikt handele.“ Franziska Davies hob wiederum nach dem Schlagabtausch zwischen Andrij Melnyk und Harald Welzer die geschichtliche Erfahrung vieler osteuropäischen Nationen mit dem bewaffneten Kampf als Partisan*innen oder Rotarmist*innen hervor, was ihre Kultur und geschichtliches Verständnis bis heute prägt. Um den enormen ukrainischen Widerstand verstehen und die politischen Handlungen und Argumente der osteuropäischen Länder nachvollziehen zu können, ist die Kenntnis von diesen Kriegserinnerungen unabdingbar. Solche Analysen sind allerdings die Ergebnisse langjähriger intensiver Forschung. Damit leistet die interdisziplinäre Osteuropakunde einen großartigen Beitrag zur Wissensproduktion, gerade, weil sie die Region ganzheitlich und unter verschiedenen Disziplinären untersucht.

Es zeugt nicht nur von Unwissen, aber auch von fehlendem Interesse, wenn Intellektuelle in der Debatte die Ukraine mit Ungarn verwechseln. Es wäre daher wünschenswert, ehrliches Interesse am Gegenstand der Diskussion mitzubringen und auch die Bereitschaft, die Perspektive zu wechseln und über Osteuropa und (was für eine Zumutung) gegebenenfalls von Osteuropa lernen zu wollen. Darüber hinaus wäre eine Wissenschaftspolitik in Deutschland förderlich, die den Wert der Regionalexpertise erkennt und darin investiert, anstatt Lehrstühle und Gelder für Stipendien zu streichen. Denn es ist immens wichtig, die Belastbarkeit der Argumente in den öffentlichen Diskursen einem osteuropäischen Wirklichkeitscheck der Regionalwissenschaftler*innen zu unterziehen. Das taten die Ukraineexpertinnen Susann Worschech, und Franziska Davies, indem sie eine schonungslose Kritik an den Autor*innen des Appells übten: „Die Protagonisten des Offenen Briefes ignorieren vorhandene Expertise, um sich selbst als ‘marginalisiert’ zu inszenieren, und sie betreiben ein Vertauschen von Expertise und Meinung. […] Niemand der Unterzeichnenden hat sich je intensiv mit Russland oder [der] Ukraine beschäftigt, und umgekehrt findet sich nicht eine Osteuropa-Expertin unter ihnen. Auf Tagungen zu Osteuropa sind die Unterzeichnenden nicht anzutreffen; weder suchen sie das Gespräch mit der Fachcommunity, noch rezipieren sie deren Forschung und verknüpfen sie mit eigenen Erkenntnissen. In der viele Disziplinen umfassen den Osteuropaforschung […] herrscht in der Wahrnehmung des Krieges nicht zufällig ein breiter Konsens, der Resultat zahlreicher Forschungsprojekte, Veranstaltungen und Publikationen ist. Jahrelang haben Osteuropaforscher:innen die Entwicklung Russlands zu einem vollständig autoritären Régime mit aggressiv-imperialistischer Außenpolitik analysiert, ebenso wie die komplexe, ambivalente Transforma­tion in der Ukraine hin zu einer fragilen, aber selbstbestimmten Demokratie.“ Auch Manfred Sapper und Volker Weichsel, die Redakteure der Zeitschrift Osteuropa, beschreiben die Lage im Klartext, wonach Russland den ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelens’kyj stürzen, die Ukraine als souveränen Staat zerstören sowie die Identität des ukrainischen Volkes vernichten will. Außerdem greife Russland die Grundlagen der europäischen Friedensordnung an, daher sei im eigenen Interesse der europäischen Staaten, „die Selbstverteidigung der Ukraine politisch, wirtschaftlich und militärisch durch Waffenlieferungen zu unterstützen.“ Das ist Osteuropa-Expertise. Alles andere, was nicht auf der erkenntnisgeleiteten und professionellen Beschäftigung mit Osteuropa basiert, heißt hingegen Meinung.

Esetem a Rubiconnal avagy a magyar újságírás játékelmélete

Igazából az egészet magamnak köszönhetem. Nem játszottam jól a magyar újságírás játékát. A „jóhiszeműség“-re tettem fel mindent és rögtön kiestem. Ez a blogbejegyzés mégsem a jóhiszeműségemnek állít keresztet, hanem a Rubicon Történelmi Magazinnak és Rácz Árpád főszerkesztői munkásságának. Én továbbra is hiszem, hogy a szerkesztői etika (szintúgy az újságírói etika, és a good research practice) a világ más tájain norma és nem kivétel.

Mindig is szívesen olvastam Rubicont. A magazin titka, hogy sikeresen ötvözi a tudományosságot a könnyed, de nívós újságírói stílussal és igényes megjelenéssel. Éppen ezért nagyon megörültem, mikor az előző nyáron egy magyar történész kolléga vendégszerkesztői minőségében megkeresett, hogy tudnék-e egy rövid cikket írni a magazin októberi számába, amely témája a szabadkőművesség lesz. Már néhány éve kutatom a magyar szabadkőművesség délklelet-európai és oszmán-török kapcsolatait egy német egyetem doktoranduszaként, de úgy hozta az élet, hogy eddig még nem írtam a kutátási témámról magyarul. Ráadásul egykori gyakorló újságíróként a mai napig szívesen fabrikálok különféle írásokat tudományos blogokba és egyetmi magazinoknak. Mindezek fényében, bár a határidő igencsak szoros volt, rögtön igent mondtam.

A cikk leadása után az első visszajelzés a vandégszerkesztő kollégától pozitív volt, és megígérte, hogy ír, amint megvan a szerkesztett változat. Mikor következőleg jelentkezett, szerkesztett változatról nem volt szó, hanem azt kérte, hogy adjam meg a telefonszámomat, mert a Rubicon főszerkesztője, Rácz Árpád, fel szeretne hívni. Én tehát e-mailt írtam a telefonszámommal. Mivel Rácz Árpádnak ezután egy teljes hét alatt sem sikerült bepötyögni a helyes számokat a telefonjába és már szeptember vége volt, újfent e-mailt írtam a vendégszerkesztőnek, hogy mire számítsak a cikkemmel kapcsolatban. Ő rezignáltan csak annyit válaszolt, hogy a szerkesztés egy-két napon belül lezárul, ha eddig nem hívott a főszerkesztő, akkor valószínűleg nem teszi be az írást a nyomtatott számba, de lehet, hogy a magazin előfizetéses online verziójában benne lesz. Megígérte, hogy ahogy lesz végleges információja, jelentkezni fog nálam.

Így én megint csak türelmesen vártam, amíg meg nem tudtam, hogy az októberi szám már megjelent, és a tartalomjegyzéke nagyban hirdeti többek között az én írásomat is az „online plusz” bónusztartalmaként. Megvártam, hogy a nyaki ütőerem lüktetése csillapodjon, és megint e-mailt írtam a vendégszerkesztőnek, amiben sérelmeztem az intranszparens szerkesztői folyamatot. A vendőgszerkesztő javára legyen mondva, hogy azonnal válaszolt és igazat adott nekem, de a főszerkesztővel kapcsolatban ködösen csak annyit jegyzett meg, hogy hálás Rácz Árpádnak, hogy a „mai körülmények között” felvállalta ezt a számot, és reméli, hogy a főszerkesztő „helyrehozza hibáját”. Talán már senki nem lepődik meg, ha azt írom, hogy semmi nem történt ezután. Tehát újból e-mailt írtam, szerelmes könnyemmel azt is telesírtam, de ezúttal a Rubicon egyetlen elérhető e-mail címére Rácz Árpádnak címezve, amit itt most idézek:

Tisztelt Rácz Árpád!

Turóczy Zsófia vagyok, az októberi szám egyik állítólagos szerzője. 

Állítólagos, mert én a cikkemet még nem is láttam. XY-on [vendégszerkesztő] kívül, aki ennek a számnak a szerkesztését átvállalta, és aki mindig megpróbálta a kommunikációt egyengetni, nem vette fel velem senki a magazintól a kapcsolatot. Mivel nem Magyarországon élek, csak a szüleimtől és a szk [szabadkőműves] körökből tudom, hogy a cikkem – ha minden igaz – az online-ba került be.

Megtiszteltetésnek vettem a felkérést, viszont eléggé le vagyok döbbenve azon, hogy hogyan bánik a magazin a vendégszerzőivel. Saját tapasztalatból tudom, hogy az újság- és magazinírásban mindig túl kevés idő áll rendelkezésre, és emiatt a szerkesztők, akik természetesen célorientáltan dolgoznak, néha néhány dolgot átugranak a munkafolyamatukban. De azt, hogy a szerzőt teljesen kihagyják ebből a folyamatból, azt nehezen lehet megindokolni.

Az egész szerkesztési folyamat borzasztóan intranszparens volt a számomra. Pontokba szedve:

1) Nagyra tartom a Rubicont, és így nem voltam elég körültekintő, hogy néhány dolgot letisztázzak előre. Nem tudom, hogy ingyen írtam-e a cikket, azt sem, ha nem, de mivel a Rubicon sajtótermék, abból indultam ki, jár valamiféle honorárium.

2 ) Senki nem kommunikált velem a szerkesztőségből, hogy hogy áll szerkesztés, kell-e kép, mi lesz a cikkem sorsa. Azt csak úgy mellékesen jegyzem meg, hogy én nem adtam a beleegyezésemet abba, hogy cikkem online jelenjen meg.

3.) A legfontosabb: nem olvastam a cikkemet a megjelenés előtt. Ez az én szellemi termékem, és az egy abszurdum, hogy nem egyeztettek velem a cikk megjelenése előtt. Ez nem egy korrekt eljárás szerintem.

4.) A saját kutatásom – még ha csak egy szösszenetet is várt el tőlem a magazin –, amit kiadtam a kezemből, és a megjelenés után sem tartotta senki fontosnak, hogy értesítsen engem, hogy mi történt a cikkel. Még mindig várok arra, hogy megkapjam a hozzáférést.

Ez egy sokkal szenzibilisebb dolog [annál], mint ahogy a Rubicon szerkesztősége eljárt ez ügyben. Én abból indultam ki, hogy mindegyikünk – szerzők, kutatók, szerkesztők – a produktív együttműködésben érdekeltek. Ez az „együttműködés“ nekem eddig viszont csak bosszúságot okozott, amit őszintén sajnálok.

Ki szeretném hangsúlyozni, hogy ez a kritika egyáltalán nem személyes, én nem érzek senki iránt haragot. A kritika a szeresztési folyamat intranszparenciájára és a kommunikáció hiányára irányul.

Nagyon örülnék a kapcsolatfelvételnek és egy rövid magyarázatnak akár e-mailben, akár telefonom. A számomat még októberben megkapta, ha jól tudom.

Üdvözlettel,

Turóczy Zsófia

Valószínűleg az én naivitásom, hogy azt hittem, hogy az e-mailemre érdemi választ fogok kapni. Semmi nem történt, és közben kiderült, hogy a szabadkőműves szám több cikkírója is hasonló cipőben jár, mint én: Semmi kommunikáció, előre le nem egyeztetett változtatások és ki nem fizetett honoráriumok.

Végül összeszedtem magam és februárban felhívtam a Rubicon szerkesztőségét. Ott különösebb kérdezősködés nélkül rögtön kapcsolták a főszerkesztőt. Rácz Árpád joviális stílusban előadta, hogy egy nagyon sajnálatos, eddig soha elő nem fordult hiba-cunamiról van szó, amit többek között a magazin új internetes felületének kialakítása, egy éppen e munka közepén lelépett szerkesztői főmunkatárs és többszöri emberi figyelmetlenség és mulasztás okozott. Így történhetett, hogy elfelejtettek engem. Röviden: Benedek Elek a főszerkesztőhöz képest kezdő mesélő. Bár Rácz magyarázkodásai csak részben győztek meg, mégis elhittem, mivel hinni akartam, hogy sikerült minden félreértést kieszközölnünk. Annál is inkább, mivel Rácz Árpád rögtön átküldte a cikkemet pdf-ben a saját e-mail címéről és megígérte, hogy a szerződést is legkésőbb másnapra átküldi. Nem küldte. Én pedig megint e-mailt írtam, most már Rácz Árpád szerkesztői e-mail címére. Majd miután nem jelentkezett, megint hívtam, ekkor már március közepe volt. Ez alkalommal gyorsan lerázott, a következőnél lecsapta a kagylót azután pedig letagadtatta magát.

Gratulálunk! A nyereménye egy ingyenes online megjelenés!

Vigyázat, most személyes(kedő) leszek. Rácz Árpád valószínűleg az a tipikus régi vágású, tekintélyelvű főszerkesztő, akit a feminista történetírás hallatára kirázza a hideg, aki számára a #MeToo maximum egy manga főhős, és ezzel már azt hiszi, hogy halad a korral. Legalábbis szerintem, mivel a beszélgetésünkben volt náhány furcsa megjegyzése, többek között a köztünk fennálló korkülönbséggel kapcsolatban, szociális nembeli és tapasztalatbeli különbségekre is vonatkoztatható áthallással. Szavai, de még inkább az eljárásmódja egyértelművé tették a köztünk fennálló egyenlőtlen hatalmi viszonyt. Nem elhanyagolható az sem, hogy a magazin 15 fős szerkesztőbizottságában csupán egy nő foglal helyet, a Rubicon Intézet munkatársai közt pedig még egy se, csakis nagyon fehér középkorú és idősödő férfiak. Igen, van egy Rubicon Magazin és egy Rubicon Intézet. Az előbbit tökéletes üzleti érzékkel alapította meg Rácz Árpád a rendszervéltáskor. A Rubicon Intézet viszont csak 2020-ban nyitotta meg kupuit, miután Rácz Árpád 70 millió forintért eladta a Rubicon folyóirat archívumának felhasználási jogait az Intézetetnek, amivel stratégiai partnerség és egy társelnöki poszt is járt a főszerkesztő úrnak, na meg a közösködés a Rubicon nevet illetőleg. A Rubicon Intézet Magyarország első „történelmi ismeretterjesztő think tank”-jeként hirdeti magát és a Fidesz közeli értelmiségi káderképzőbe, a Matthius Corcinus Collegiumba van bekötve. Rácz Árpád tehát hasonló káprázatos üzleti érzékkel lovagolta meg az illiberális rendszerváltást is és öltötte magára kaméleonként az Orbán-kormány nemzetpolitikáját. Egy sikeres életpálya csúcsa. Ezt a történetet úgy is lehet értelmezni, hogy tanulópénz volt a számomra, azonban a történet messze túlmutat a személyemen. Mint említettem, csak a 2020 októberi számában több szerzővel is méltatlanul bántak, az írásaikkal pedig úgy jártak el, mintha azok nem a szellemi termékeik lettek volna, hanem a sárga konténerbe dobott műanyag, amit ideális esetben újra lehet hasznosítani. Nem értem, hogy a Rubicon miért szorul ilyen eljárásra, főleg, ha a kormányzati támogatásokat is figyelembe vesszük. Nem találok más magyarázatot erre, mint a tudományos-újságírói munka cinikus semmibe vételét. A történet viszont túlmutat a Rubicon Magazinon is, mivelhogy hasonló esetek sajnos gyakran előfordulnak. Amit kimondottan felháborítónak tartok, legyen az „csupán” szeresztői önkény vagy akár a fizetés megtagadása, azok az egyenlőtlen játékszabályok, amelyek szerint a cikkírók játszani kénytelenek. Nem költőinek szánt kérdés az, ha hangosan kérdezem, hogy hogyan lehet ezeket a játékszabályokat az alapjaikban megváltoztatni?

Die Sprache der Negativität: Wie die Politik die Corona-Maßnahmen sprachlich vermittelt

Ein Plädoyer gegen Negativitätsbias und für eine positive Sprache

„Lockdown so lange es dauert“, „Corona ist außer Kontrolle“, „Explodierende Zahlen“, „ein jeden Tag näher rückender Lockdown“, „Naturkatastrophe“ und „Unheil“: Das und Ähnliches hören wir seit März letzten Jahres. Was für Wirkung erzielt solche Sprache und was macht die mantraartige Wiederholung solcher Ausdrücke mit den Menschen? Dieser Artikel handelt nicht von den politischen Maßnahmen des Bundes und der Länder. Er handelt allein von der sprachlichen Vermittlung der Pandemie, die von der Politik eingesetzt wird.

Die Sprache beschäftigt nicht nur die Sprachwissenschaft – Selbst der Moderator Markus Lanz entdeckte im Herbst die Kraft der Worte : „Ich habe gelernt, in dieser Pandemie Sprache ist ein ganz, ganz sensibler, neuralgischer Punkt“. In seiner Talkshow kritisierte er mehrmals (15.10., 19.12) im Gespräch mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder den „Alarmismus“ der politischen Kommunikation in Bezug auf Covid-19. Wie Lanz bemerkte, Söder lobe sich selber für den härtesten Coronakurs im Land. „Auch das Adjektiv hart in dem Zusammenhang finde ich kein gutes Adjektiv. Der beste Corononakurs, das würde mir einleuchten. Das verströmt so etwas wie Zuversicht. Aber der härteste Coronakurs: das macht mir Angst und vielen anderen auch. Warum muss das sein?“ – fragt der Moderator. Für Söder sind jedoch hart und konsequent Synonyme: „Wir können darüber streiten, ob es Ihnen hart besser gefällt oder konsequent. Entscheidend ist, was hinten dabei rauskommt “. Bei diesem Punkt würden einige Journalist*innen womöglich widersprechen, inwiefern diese Wörter in der Praxis der bayrischen Coronabekämpfung austauschbar sind. Mir geht es hier jedoch um den Sprachgebrauch und die Sprachsensibilität. Aus Söders Antwort wird den Zuschauer*innen klar, dass Sprache für den Bayrischen Ministerpräsidenten ausschließlich dem politischen Zweck dient und deshalb sie in seinen Reden mit aller Gewalt zurechtgebogen wird. Wer sich mit den härtesten Maßnahmen brüstet, greift zu einem Superlativ, der in seiner Bedeutung nichts mit konsequent, gut oder erfolgreich zu tun hat, sondern das Synonym von autoritär, streng, aggressiv und schmerzvoll ist. Markus Söder greift darüber hinaus gern zu plastischen Bildern: „Die ganze Welt wird von Corona in die Fesseln genommen.“ (9.12.) Er versteht diese Art der Kommunikation als ein Zeichen der Ehrlichkeit und hält sie für nötig, damit die Menschen die Pandemie endlich ernst nehmen. Wie ernst die Menschen die Pandemie trotz einer Sprache der Angst, Verbote und Härte nehmen, lässt sich an den täglichen Infektionszahlen sowie an den vollen Rodelpisten ablesen.

Während Söder die Sprache als Volksdisziplinierungsmittel einsetzt, beschwört der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach des Öfteren sprachliche Hoffnungslosigkeit herbei. Er erklärte am 9. Dezember bei phoenix in einem Interview in Bezug auf Biontec: „Die nächsten drei Monate werden die härtesten der Pandemie überhaupt sein. Mit großem Abstand.“ Schon im vorsommerlichen „Öffnugsjubel“ wurde er durch seine Voraussagen zu Kassandra stilisiert. Er sprach beispielsweise bei Anne Will (18.05.) über eine mögliche zweite Welle: „Wenn die Fälle wieder zunähmen im Herbst (…)  dann sollten wir es noch einmal überlegen, dann müssten wir das Feuer wieder austreten. Wahrscheinlich wird eine zweite Welle kommen.“ Dass es dazu tatsächlich kommen musste, werden Wissenschaftler*innen rückblickend vielleicht sagen können. Allerdings kombiniert Lauterbach in diesem Satz seine Kassandra-Botschaft mit einem euphemistischen Bild, das projiziert, die Regierung könnte die Pandemie als Superheldin mit einem kurzen aber entschlossenem Auftritt aus der Welt schaffen unbeachtet auf jegliche Kollateralschäden. Natürlich war die Verbalisierung des Lockdowns nicht angebracht zu einem Zeitpunkt, als die Politik einen zweiten Lockdown noch komplett ausschloss. Es stellt sich allerdings die Frage, wie diese Phraseologie zu verstehen ist. Man soll es bedenken, wenn über Fälle, steigende Zahlen und eine zweite Welle oder eben, wie in diesem Fall, über das Feuer austreten gesprochen wird, eigentlich Menschen gemeint sind.

Wir werden von der Politik langsam seit einem Jahr bevormundet, die vorschreibt, was wir nicht machen dürfen, wir werden vor Schreckenszenarien gemahnt und müssen uns anhören, um wie viel Wochen welche Maßnahme zu unserem Wohlergehen verlängert werden muss. Die Politiker*innen bedienen sich dabei bewusst einer negativen Sprache, um „Negativitätsbias“ – einen negativen Effekt bei den Zuhörer*innen zu erzielen. Der sozialpsychologische Hintergrund des Negativitätsbias ist, dass negative Gedanken, Gefühle oder Erlebnisse psychisch stärker als neutrale oder positive auswirken, und besser in Erinnerung bleiben (Stangl, 2020). Die Politik erhofft demzufolge, wenn auch nicht unbedingt auf sozialpsychologischer Basis, mehr Aufmerksamkeit mit solcher Kommunikation zu erreichen, als mit einer positiver Sprache. Das Problem mit dem auf die negativen Entwicklungen konzentrierenden Sprachgebrauch ist, dass sie gleichzeitig Angst, Wut und andere negative Gefühle schürt, was gerade bei dieser mehrfachen  ̶  gesundheitlichen, seelisch-mentalen, existentiellen – Belastung langfristig kontraproduktiv sein kann. Darüber hinaus ermuntert diese Sprache die Leute überhaupt nicht, die von der Kanzlerin geforderte große „Kraftanstrengung“ aufzubringen. Ganz im Gegenteil, sie ruft Coronamüdigkeit herbei.

Diesen durch die Kommunikation herbeiführten Negativitätsbias sowie unbedachte Übernahme englischer Ausdrücke beanstandete[ZT1]  die Kommunikationswissenschaftlerin Diana Rieger: „Wenn wir von ’sozialer Distanzierung‘ sprechen, würde ich mir wünschen, dass wir mehr die Chance sehen, durch dieses Verhalten Tausende Menschen retten zu können, statt immer nur die Einschränkungen dadurch.“ Mit ihrer Kritik ist sie nicht allein. Auch die Schriftstellerin, Literaturwissenschaftlerin Regula Venske plädiert dafür, unsere Worte bedacht zu wählen – wer soziale Distanz fordert, sollte sich dessen bewusst sein, dass sozial im Deutschen auch Bedeutungen wie ‚Solidarität’, ‚Fürsorge’ und ‚Gemeinsein’ mitträgt. „Vielleicht hält das Virus unser Land eher besetzt, und wir müssen als Partisanen in Scharmützeln kleinräumig seine Infrastruktur sabotieren?“ fragte [ZT2] wiederum Henning Lobin, Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim noch im April nach Metaphern, die weitaus geeigneter sind, das Wirken und die Eindämmung eines unsichtbaren Virus verstehbar zu machen, als diejenige, die gerade in der öffentlichen Kommunikation im Umlauf sind.

Sowohl sprachliche Disziplinierung als auch Schwarzmalerei tendieren also dazu, andere Effekte zu erzeugen, als worauf die Politik mit ihnen abzielt. Die eine unterstellt den Bürger*innen pauschal Leichtsinnigkeit und will sie bevormunden, die andere nimmt ihnen die Hoffnung auf die Wiederkehr des Lebens mit allen Freiheitsrechten und damit schadet die Kommunikation der Politiker*innen momentan mehr als hilft. Positive Botschaften sind dabei unerlässlich, um in dieser schweren Zeit solidarisch zueinander zu bleiben und unsere mentale Gesundheit zu schonen. Wir müssen die echten menschlichen Kontakte vor Augen führen, die wir – sobald wir die Pandemie in Griff kriegen  ̶ wieder pflegen können, auch, wenn noch mit Abstand und Maske, was im Vergleich zu der jetzigen Situation schon ein gewaltiger Schritt weg von der Entmenschlichung der Gesellschaft wäre. Deswegen plädiere ich für ein Umdenken des sprachlichen Corona-Vermittlung der Politik. Statt einer negativen und passiven Sprache sollte die Politik mit positiven Botschaften arbeiten, Ziele formulieren, und nicht das hervorheben, was die Gesellschaft nicht machen kann oder darf, sondern das, was sie machen sollte und wie sie dafür belohnt wird.

Ich möchte dies an einigen sprachlichen Beispielen demonstrieren.

Söder sprach am 14. Dezember auf der Pressekonferenz unter dem Motto „Ehrlichkeit statt falschem Optimismus“ darüber, dass es für die Verlängerung oder Aufhebung des Lockdowns nach dem 10. Januar auschlaggebend sein wird, ob die Maßnahmen ausreichen, die Inzidenzzahlen runterzudrücken. In diesem Satz impliziert das Subjekt Maßnahmen, dass die Menschen passive Wesen sind, die sowohl das Virus als auch die Maßnahmen einfach über sich ergehen lassen. Da Untersuchungen gezeigt haben, dass eine Großzahl an Infektionen in Familienkreisen stattfindet, können wohl die Menschen gegen die Verbreitung der Pandemie aktiv werden und damit indirekt auch die Maßnahmen beeinflussen. Deswegen sollen es nicht die Maßnahmen sein, sondern die Bürger*innen, die durch ihr Verhalten die Inzidenzzahlen runterbringen. Aus diesem Grund könnte, sogar sollte die Politik den Menschen Lockerungen als Ziel versprechen. Dementsprechend wäre es viel klüger den Satz umzuformulieren und sagen *Wenn die Menschen auch während der Feiertage bedacht handeln, werden sie durch ihr Verhalten die Inzidenzzahlen runterdrücken. In diesem Fall könnten Lockerungen nach dem 10. Januar erfolgen.

Der Bayrische Ministerpräsident bedient sich in Bezug auf die Pandemiebekämpfung gern des Pluralis Majestatis, also der ersten Person Plural: „wie gut wir die Zahlen senken können“ und meint er dabei die Exekutive seines Bundeslandes. Diese Formulierung transportiert die Botschaft, dass die Politik und allen voran er als der Drachentöter heilige Georg in Panzer bereit steht, mit seiner Lanze die Infektionsketten durchzubrechen. Bestimmt trägt er mit seiner beispielhaften Einhaltung der AHA-Regeln und noch darüber hinaus zur Bekämpfung von Covid-19 bei. Jedoch sollten alle Staatsbürger*innen zu diesem „heroischen“ Kampf eingeladen und unter „wir“ alle verstanden werden und nicht allein die Politikmacher*innen in Bayern.

Auch Angela Merkel kommuniziert trotz ihrer rhetorisch sehr überzeugenden Ansprache an die Nation am März 2020, die sehr stark auf den aktiven Beitrag der Staatsbürger*innen in der Pandemiebekämpfung setzte, seit Herbst verstärkt mit negativem Vorzeichen: „Wir werden im ersten Quartal noch nicht so viele Impfungen durchführen können, dass wir eine signifikante Änderung der Situation in der Bevölkerung spüren können.“ (9.12.) Sie hätte den Satz lieber positiv formuliert: *Auch wenn wir im ersten Quartal noch nicht so viele Impfungen werden durchführen können, dass wir eine signifikante Änderung der Situation in der Bevölkerung werden spüren können, werden die Bürger und Bürgerinnen Deutschlands ab Ende Dezember mit bis zu 100.000 Impfungen pro Tag rechnen können. (Momentaner Wert liegt bei pro Tag [ZT4] im Durchschnitt. Im Vergleich plant Israel 200.000 Impfungen pro Tag[ZT5] .) Natürlich geht der hypothetische Satz aus aufrichtigen Anstrengungen der Politik hinsichtlich des Impfens aus.

Zur Geduld aufzurufen ist ebenso ein fester Bestandteil des Pandemiediskurses der Politiker*innen, wie Markus Söder es bei Markus Lanz tat :„Es ist eine Geduldsache. Es braucht einen langem Atem“ (15.10.), Wenn er die Pandemie mit einem Langstreckenlauf vergleicht, wäre es viel effektiver, die positiven Perspektiven sowie Zukunftsvorstellungen in den Vordergrund der medialen Kommunikation zu stellen. Auch wenn wir noch nicht wissen, wann, aber wie die Pest oder die spanische Grippe (die übrigens aus den USA kam, nur so viel zu Trumps „China Virus“) wird auch COVID-19 irgendwann aus unserem Leben verschwinden oder zumindest in der Unbedeutsamkeit versinken. Und darauf müssten wir hinarbeiten, nicht nur in den Laboren, sondern auch durch die Sprache der Hoffnung und Zuversicht, die nicht mit Verharmlosung, Kleinreden oder dem Erwecken falscher Hoffnungen zu verwechseln ist. Manchmal findet sich die Kanzlerin zu diesem Sprachgebrauch wieder, wenn sie solche Sätze formuliert: „Zeigen wir, Menschen, was in uns steckt. Indem wir uns auch jetzt, im Winter (…) an die Regeln halten, die für uns alle gelten. Weil wir erleben werden, dass es sich lohnen wird. Weil wir so gemeinsam stärker sein werden“ (Videopodcast von 28.10). Diese Sprache begreift die Bürger*innen als Subjekte, nicht als Objekte, zeigt  ̶ wenn auch vage  ̶   Ziele auf und setzt auf gemeinsame Werte wie Solidarität. Solche Kommunikation könnte viel mehr erreichen als sprachliche Reglementierung, apokalyptische Visionen und Schwarzmalerei. Dafür soll sich die Politik der Macht der Sprache bewusst werden sowie die appellative Funktion der Sprache richtig einsetzen. Um die Staatsbürger*innen im Coronadiskurs zu keinen Untertanen werden zu lassen, die der Laune ihrer Feudalherren und dem Schicksal ausgeliefert sind, soll die Politik die Menschen auch sprachlich einladen, aktive Gestalter*innen ihrer Zukunft zu sein. Man kann nämlich nur Subjekte in die Verantwortung nehmen. Dies gälte dann sowohl für die Bürger*innen, als auch für die Politiker*innen.

Verwendete Literatur
Stangl, W. (2020). Negatives zieht mehr an als Positives – bemerkt. Was Stangl so bemerkt.
WWW: https://bemerkt.stangl-taller.at/negatives-zieht-mehr-an-als-positives/ (2020-12-10).


 [ZT1]https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-sprache-angst-kommunikation-100.html – -1https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-sprache-angst-kommunikation-100.html

 [ZT2]https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/index/docId/9748/file/Lobin_Kommunikation_in_der_Coronakrise_2020.pdf

 [ZT4]https://rp-online.de/panorama/coronavirus/corona-impfungen-aktuelle-zahlen-fuer-deutschland-von-heute-15012021_aid-55434707

 [ZT5]https://www.juedische-allgemeine.de/israel/200-000-impfungen-pro-tag/

Der Lockdown auf Albanisch – Wie ich das Coronavirus in Albanien er- und überlebte – Teil 2

Gegen Ende der dritten Corona-Woche in Albanien fühlte ich mich eigentlich ganz wohl. Ich fand mich schon damit ab, dass ich trotz mehrerer Anfragen keine Chance hatte, von der Botschaft nähere Informationen zu bekommen, bis wann das Fahr- und Flugverbot dauern soll. Alles hänge von der albanischen Regierung ab, war die Antwort. Am Freitagnachmittag derselben Woche meldete sich doch die Botschaft – im Rahmen der Rückholaktion des albanischen Staates wird es nächste Woche zwei Flüge nach Deutschland geben. Wir sollten diese Möglichkeit gründlich abwägen, weil dies vorerst wahrscheinlich die letzte Chance sei, das Land zu verlassen. Wer eine Rückreise antreten will, soll sich bitte bis Samstagmittag bei der Botschaft melden. Ich schüttelte den Kopf und schloss die E-Mail. In jenem Moment konnte ich mir zwar nicht vorstellen, dass ich bis Ende Juni ganz allein in der Wohnung eingesperrt in Albanien bleibe, kam mir jedoch das Gegenteil genauso unvorstellbar vor, nämlich, dass ich innerhalb ein paar Tage mit Sack und Pack abreise. Eigentlich wollte ich die Rückreise erstmal gar nicht in Erwägung ziehen, obwohl alles darauf hindeutete, dass die Lehre für dieses Semester online bleibt. Ich telefonierte trotzdem mit meinen engsten Freunden in Albanien, um die Stimmung einzuschätzen. Die Telefonate ließen mich meine Situation mehrmals überdenken, und die Argumente, die für und gegen eine Abreise waren, auf die Goldwaage legen. Was mich beunruhigte, war zum einen das schlechte Gesundheitssystem des Landes und die unbekannte Größe der Dunkelziffer von Infizierten, zum anderen die Unsicherheit über das Maß und die Länge der Einschränkungen. Was ist, wenn die Maßnahmen noch schärfer werden? Was ist, wenn es noch Monate dauert, bis die Grenzen geöffnet werden und der Flugbetrieb hochgefahren wird? Was ist, wenn ich in einem Land stecken bleibe, wo man den heißen Sommer nur am Strand oder in den Bergen aushalten kann, wohin aber keine Busse fahren? Und wie viel wird dann das Flugticket kosten, wenn irgendwann wieder Flieger am Himmel zu sehen sind? Auf der anderen Seite waren die strengen Maßnahmen zwar nervig, aber ich hatte ein gewisses Gefühl von Sicherheit. Außerdem wusste ich gar nicht, wie ich plötzlich den ganzen Haushalt einer 100 m2 Wohnung auflösen sollte. Dies schien mir ein kaum zu bewältigendes Problem zu sein. Überdies schossen die offiziellen Zahlen in Deutschland gerade in die Höhe. Aus gesundheitlicher Sicht musste ich also zwischen einem guten Gesundheitssystem mit mehr Infizierten und einem schlechten mit wenig Infizierten wählen.

Es gab natürlich weitere Aspekte. Die Abgeschottetheit eines Landes innerhalb der EU auf Dauer war weniger wahrscheinlich als außerhalb. In Deutschland wäre ich damit mobiler gewesen. Sowieso schränkten die deutschen Maßnahmen die Bewegungsfreiheit nicht so sehr ein wie die albanischen. Der albanische Lockdown belastete mich. Zwar nicht durchgängig, aber ich wusste nicht, ob ich nach ein paar Wochen oder Monaten Isolation nicht durchdrehe oder depressiv werde. In dieser Stimmung wurde ich in den albanischen Medien auf eine Nachricht aufmerksam: Ab der nächsten Woche darf man nur noch mit einer App und nur für eine Stunde die Wohnung verlassen. Um diese App benutzen zu können, brauchte man jedoch die Nummer eines albanischen Ausweises. Das war der springende Punkt, der die Goldwaage auf die Seite der Rückkehr kippte. Ich wusste in diesem Moment: Mjaft! – Es reicht! Ich will zurück nach Deutschland.

Die nächsten Tage vergingen in hektischem Putzen, Packen und Aussortieren. Obwohl mein Mann schon die meisten unserer Habseligkeiten mitgenommen hatte, blieben immer noch zu viele Sachen in der Wohnung. Ich stahl mich während der Ausgangssperre mindestens zehnmal mit riesigen Müllsäcken zu den Mülltonnen, die am Ende unserer Straße standen. Das erste Mal lief ich ganz vorsichtig und ängstlich die Mauer entlang mit gespannten Muskeln, damit ich mich zu jeder Zeit hinter ein Auto verstecken oder in eine Nische springen kann, wenn ein Streifwagen vorbreifährt. Die Angst ließ jedoch schnell nach. Bei der letzten Runde rollte ich mit meinem Skateboard hin. Inzwischen füllte sich in der Wohnstube mein großer knallroter Koffer und ich riss schon den zweiten Reißverschluss beim Packen ab. Gegen Sonntagabend konnte ich nicht mehr leugnen, dass mein Koffer und mein Rucksack ohne Ausdehnungszauber anzuwenden nicht ausreichen wird. Währenddessen sickerten die ersten Informationen über die Flüge in Form von E-Mails durch, von denen letztlich nur eine stimmte: Es gab zwei Flüge nach Deutschland. Zielflughafen, Tag, Uhrzeit sowie Preis waren Unbekannte in dieser logistischen Gleichung. In jeder E-Mail stand etwas anderes, wenn überhaupt. Theoretisch sollte ein Flieger am Montagnachmittag nach Düsseldorf und ein zweiter am Dienstag nach Hamburg fliegen. Im Vergleich dazu wurde ich am Sonntag(!) von der Botschaft angerufen, dass der erste Flieger noch am selben Tag starten wird. Der zweite sollte wiederum nicht nach Hamburg, sondern nach Frankfurt fliegen, und voraussichtlich nicht am Dienstag, sondern erst am Mittwoch. Und das Aufgabegepäck darf 30 Kg nicht überschreiten. Ich wurde panisch. Kopflos packte ich Sachen, die ich auf keinen Fall in Albanien lassen wollte, aus dem Koffer in den Rucksack und zurück. Es half nichts. Ich musste vieles in die Obhut meiner zwei Freundinnen geben, die blieben. Außerdem musste ich die letzten Tage wegen der neuen Sonderregelung die Edi Rama sehr taktvoll auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, sehr genau planen. Die in Albanien lebenden Ausländer*innen mussten eine SMS an eine bestimmte Nummer mit einer Uhrzeit abschicken und dann warten. Nach mehreren Anläufen bekam ich eine Bestätigung über den Eingang meines Antrags, dann hieß es wieder – abwarten. Erst am nächsten Tag kam eine zweite SMS mit der Erlaubnis. Somit durfte ich am nächsten Tag für 60 Minuten rausgehen.

Am Montag kam die finale E-Mail von der Botschaft, dass der Flieger doch am Dienstag startet, nämlich am Abend. Sie stellte außerdem klar, dass sich jeder selbst darum zu kümmern hat, wie man zum Flughafen kommt. Gerade jetzt, wo die albanischen Behörden unser Leben richtig schwierig machten und alle Nerven blank liegen, mussten wir ganz alleine zurechtkommen. Was die Sache richtig spannend machte, dass nicht nur ich einen „Passschein“ brauchte, sondern auch mein Fortbewegungsmittel, das mich zum Flughafen bringen soll. Der Flughafentransport war eingestellt. So erklärte sich meine gute Freundin Kathleen bereit, mich mit ihrem großbürgerlichen Dacia zum Flughafen zu fahren. Die ganze Hilfe der Botschaft bestand aus einer falschen Rufnummer der Polizei, wo wir das Auto samt Fahrer angeblich registrieren mussten. Die Nummer, die die Botschaft angab, war jedoch die der Seerettung. Manchmal frage ich mich, bei allem Respekt vor ihrer Arbeit, ob die Diplomaten ohne ihre Stadtpanzer in den fremden Ländern überleben könnten. Ich konnte letztendlich eine Seite finden, die für die Registration der Passierscheine der PKW-s eingerichtet wurde. Auf meinen Antrag kam allerdings keine Antwort. Da die Zeit drängte, musste ich nach einer anderen Lösung suchen. Vor der Universität patrouillierten rund um die Uhr Polzisten. Am Dienstag, den Tag des Abflugs überfiel ich einen von denen mit meiner Frage zum Passierschein. Er beruhigte mich, dass wir fahren dürfen, wenn wir schon den Antrag gestellt hatten. Es genüge ein Screenshot von der E-Mail. Das System sei sowieso überlastet.

Am Dienstagnachmittag rollte gegen zwei Uhr meine Freundin vor das Haus. Nachdem wir alles ins Auto geräumt hatten, blieben noch glatte zehn Minuten, die wir dafür nutzten, mit herben Erfrischungsgetränken an die schöne Zeit in Albanien zu erinnern. Dann ging meine letzte Fahrt nach fast zwei Jahren los. Kein Polizist hielt uns an. Wir wurden überall durchgewunken. Am Flughafen warteten schon einige Botschaftsmitarbeiter auf uns. Als ich meinen Riesenkoffer auf das Band legte, zeigte die Waage 53 Kilo an. Mich überfiel in dem Moment eine leichte Panik, da ich bis dahin nur so viel wusste, dass das Flugticket um die 200 Euro kosten wird. Der Flughafenmitarbeiter drückte jedoch ohne Weiters die Bordkarte in meine Hand und bat mich meinen Koffer aufzuteilen. Es sei nicht die Zahl der Gepäckstücke das Problem, sondern nur das Gewicht der einzelnen Gepäcktücke. Einer der Botschaftsmitarbeiter erwiderte daraufhin, dass es kein Problem darstellen sollte, der Flug wird sowieso vom albanischen Staat bezahlt. Ich fiel aus einem Staunen ins andere. Der albanische Staat hatte also Geld nicht nur für die Albaner, die aus Deutschland zurückgeholt werden sollten, sondern sogar für die armen Deutschen, die Albanien verlassen wollten.

In der nächsten halben Stunde packte ich wieder alles raus, in einen dritten Rucksack, den ich noch dabeihatte, rein, aber die Anstrengung hatte sich gelohnt. Ich konnte so das Gewicht reduzieren. Nachdem ich meine zwei Aufgabegepäckstücke aufgegeben hatte, marschierte ich selbstsicher mit drei Handgepäckstücken durch die Sicherheitskontrolle. Es war ein sehr komisches Gefühl, im leeren Duty-Free zu sitzen. Alles war zu. Statt Kellner oder Verkäufer erschienen vier komische Gestalten: Astronauten oder Hygienebroker. Ich konnte sie nicht gut einordnen, auf jeden Fall machten sie keinen einheimischen Eindruck. Später sah ich sie im Flugzeug, sie waren unsere Flugbegleiterinnen. Der albanische Staat ging auf Nummer sicher.

Als ich dasaß und auf meinen Flug wartete, ging meine Gestresstheit und Erschöpfung langsam in die Vorfreude über, in die sich eine Priese Melancholie mischte. Schließlich war Albanien fast zwei Jahre lang mein Lebensmittelpunkt, eine wichtige Station in meinem Leben, mein Zuhause auf Abruf. Dass diese Zeit so abrupt zu Ende ging, machte mich traurig. Der Check-In lief erstaunlich schnell ab, und plötzlich saß ich schon auf meinem Sitz. Als das Flugzeug abhob, konnte ich noch das Lächeln der Botschaftsmitarbeitern erkennen, die vor dem Gebäude standen und zum Abschied energisch mit ihren Händen in unsere Richtung winkten.

Der Lockdown auf Albanisch – Wie ich das Coronavirus in Albanien er- und überlebte – Teil 1

Ich genoss mit Maik, meinem Mann, mein zweites Sprachassistenz-Jahr in Tirana, als der „kleine Übeltäter“ Namens Covid-19 aus der Markthalle in Wuhan entkam. Im Januar schien Wuhan am Ende des Regenbogens zu liegen und das Virus ein chinesisches Märchen zu sein. Ich scherte mich nicht um die Lage in China, mich nervten sogar die sich anhäufenden Nachrichten über das Virus. Ich hatte meinen Alltag an der Uni und zu Hause an meinem Schreibtisch. Für den Lenz, der in Albanien im Februar schon anbricht, standen mehrere Ausflüge auf dem Plan. Nach Deutschland wollte ich erst irgendwann im Juni zurückkehren.

Nachdem die Corona-Pandemie, in ihrer Kindheit noch Epidemie, mit seiner vollen Wucht auch Italien traf, drehten die Albaner plötzlich durch. Angesichts ihrer vielen Landsleute, die in Italien wohnen, vielleicht nicht ganz zu unrecht. Es war beeindruckend und gleichzeitig beängstigend zu sehen, wie die Panikmache über Nacht von Null auf Hundert gedreht wurde. Alle gerieten in Panik: die Medien, die Politiker, die Verkäuferinnen und all die Menschen auf der Straße. Der Regierungschef Edi Rama gab mit einer Maske vor dem Mund ein Interview. der Präsident Ilir Meta ließ sich vor laufenden Kameras testen. Die Gesundheitsministerin begutachtete die Vorkehrungsmaßnahmen, die am internationalen Flughafen bei Tirana zum Schutz der Bevölkerung getroffen wurden. Alle Fluggäste, die aus Italien eingereist waren, mussten sich dem Fiebermessen unterziehen. Das Virus kam aber nicht mit Flugzeug, sondern mit dem Auto.

Am 9. März, einen Montag, wurden die ersten 2 Fälle bekanntgegeben. Es handelte sich um einen 28-Jährigen, der das Virus aus Florenz mitschleppte. Zu Hause angekommen steckte er dann seinen Vater an. Der ganze Grenzübergang, wo er mit seinem Auto die Grenze nach Albanien passierte, wurde desinfiziert. Noch am selben Tag ging ein Gerücht in der Universität um, dass alle Bildungseinrichtungen für zwei Wochen geschlossen werden sollen. Schon bevor die offizielle Ansage kam, leerte sich die Uni. Die Studenten waren alle weg. Nur Katharina,  die DAAD-Lektorin und ich geisterten in den Fluren umher und suchten vergebens nach unseren Studenten.

Ab Mittwoch blieben auf Anordnung des albanischen Staates alle Restaurants geschlossen. Die Polizei streifte durchs Partyviertel Blloku und kündigte die geltenden Maßnahmen an. Es fühlte sich schon an diesem Tag so an, als ob der Ausnahmezustand ausgerufen worden wäre. Eine Freundin rief uns an diesem Abend an. Sie bekam eine nichtbestätigte Information aus der Nähe der deutschen Botschaft, dass die europäischen Staaten ihre Grenzen in den nächsten Tagen schließen werden. In ein paar Tagen werde niemand mehr das Land verlassen können. Deswegen sollten wir uns schleunigst entscheiden, ob wir in Tirana bleiben oder nicht, und wenn wir bleiben, sollten wir demnächst einen Großeinkauf machen. Wer weiß, wie lange die Regale noch voll sind. Ich konnte es mir nicht vorstellen, dass Grenzschließungen in einem fast vereinigten Europa und überhaupt, in einer freien Welt möglich sein könnten. Dass wir als Staatsbürger eines anderen Staates nicht einmal Albanien verlassen dürften. Diese Vorstellung schien so surreal, bedrohlich-unglaubwürdig. Obwohl ich die Behauptungen meiner Freundin erstmal keinen Glauben schenken wollte, ergriff mich trotzdem ein beklemmendes Gefühl. Maik und ich fuhren am selben Abend für den Fall des Falles einkaufen. Nudeln, Bohnen, Bier und Klopapier. Sicher ist sicher. Der große Supermarkt im schicken Einkaufszentrum am Rande der Stadt war zu jener Uhrzeit fast leer. Das beruhigte mich. Anscheinend verspürten die Albaner noch keinen Drang auf Hamsterkäufe.

Am nächsten Tag, Donnerstag, dämmerte ein herrlicher Frühlingstag auf. Die Sonne schien, die Vöglein zwitscherten, die ganze Natur tat so, als ob sie nichts von Corona wüsste. Maik und ich wollten im Park spazieren gehen, das schöne Wetter genießen, anschießend die internationale Versicherung für das Auto abschließen, da er am nächsten Montag wegen eines Vorstellungsgesprächs nach Deutschland fahren musste und schon einiges unserer Habseligkeiten nach Deutschland schaffen wollte. Er wollte allerdings nach einer Woche zurückkommen. Angesichts der unsicheren Lage und der letzten Meldungen entschied er sich jedoch, schon am Samstag zu fahren. Die neuen albanischen Maßnahmen in der Corona-Bekämpfung folgten nämlich nicht Tag für Tag, sondern Stunde für Stunde.

Als wir gegen Mittag losliefen, bemerkten wir die komische Stimmung sofort, die in der Stadt herrschte. Es war eine Mischung aus Bedrohtheit und ungewöhnlicher Stille vor dem Sturm. Die kaputten Straßen der Hauptstadt waren normalerweise voll, wo die Albaner laut, fröhlich und immer mit Handy am Ohr herumliefen. Jetzt war die Stadt ungewöhnlich leer. Diejenigen, die sich raustrauten, trugen Masken, drehten den Kopf weg, wenn jemand ihnen entgegenkam und warfen misstrauische Seitenblicke einem hinterher. Jeder war suspekt, jeder war ein potenzieller Virusträger. Zu dieser Zeit fand ich noch Leute mit Masken unmöglich. Ich hatte das Gefühl, dass die Maske die Menschen entmenschlicht, da sie die Hälfte des Gesichts samt Lächeln und anderen potenziellen Emotionen verschlingt. Ich versuchte, mich von diesen Maskenmonstern auf den Straßen und meiner inneren Unruhe zu distanzieren. Maik und ich genossen das milde Wetter und die Ruhe in dem ansonsten so hektischen Tirana, das jeden Tag in seinem eigenen Chaos versinkt. Wir gingen in der Stadt spazieren und beobachteten die Leute von den Treppen der Polytechnischen Universität am zentralen Platz „Nena Tereza“. Vor dem Museum für Antike Geschichte wurden gerade alle Elektrotaxis desinfiziert. Überall kontrollierte die Polizei und das Militär die Autos. Edi Rama verschickte jedem Bürger eine SMS: „Wascht euch die Hände. Lüftet die Wohnung, Geht nicht nur wegen Spaß raus. Habt keine Angst, seid aber vorsichtig. Euer Edi.“  Ich musste über die Nachricht schmunzeln, aber gleichzeitig fand ich sie irgendwie gruselig. Der Ministerpräsident kann mich einfach anschreiben. Ich will das gar nicht. Oder wenn er das tut, möchte ich darauf antworten können, ungefähr so: „Hey Edi, danke, für die praktischen Ratschläge. P.S.: Von wem hast du meine Nummer? Von mir bestimmt nicht. Deine Zsófi“.

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Später gingen wir zum Versicherungsbüro und holten uns die Versicherung. Gegen vier Uhr kam die Meldung der Botschaft, dass ab dem Freitag keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fahren werden und es wird ein Pkw-Fahrverbot eingeführt werden. Wir wurden panisch. Wir schlossen ja eben unsere Versicherung ab, die aber erst ab Samstag galt. Daraufhin fuhren wir schnell wieder zum Büro und fragten, ob sich das Datum ändern lässt. Wie immer in Albanien, begann die Mitarbeiterin herumzutelefonieren, dann sagte sie zu uns, dass wir in ein-zwei Stunden zurückkommen sollten. Dann wird unser Formular, wenn überhaupt möglich, neu ausgestellt sein, mit dem Datum für Freitag. Wir fuhren nach Hause und fingen an, in dynamischer Beklommenheit das Auto zu beladen. Kurz vor sieben traten wir mit klopfendem Herz vor den Schalter. Wir erhielten das neu ausgedruckte Dokument. Halleluja! Wieder zu Hause angekommen hantierten wir noch eine halbe Stunde im Dunkeln mit dem Fahrradhalter und den Fahrrädern. Kurz vor acht waren wir endlich fertig und Maik fuhr los in der Hoffnung, dass er schneller sein wird, als die politischen Entscheidungen.

Ich blieb alleine zurück. Ich fühlte mich wie in eine tiefe dunkle Grube geschmissen und getreten. Dann fing ich an, Handmaid’s Tale zu gucken. Eine großartige Serie, aber sie ist definitiv nicht zu empfehlen, wenn labile seelische Fassung mit tatsächlicher Einschränkung der Grundrechte einhergeht. Meine innere Leere wich einem immer stärkeren Unbehagen. In der Nacht konnte ich kaum schlafen. Ich schaute immer wieder auf mein Handy und versuchte zu erraten, wo gerade Maik sein kann. Natürlich hatte er kein Internetvolumen mehr auf seinem Handy, so konnte er mich im Falle einer Komplikation nicht anrufen. Gegen Freitagmittag war er zum Glück bei meinen Eltern in Ungarn angekommen, wo er eine Runde schlief. Obwohl inzwischen die ersten Meldungen über Grenzschließungen der Slowakei und von Tschechien kamen, war ich erleichtert. In der Nacht setzte er seine Reise über Österreich nach Deutschland fort und kam in den frühen Morgenstunden bei meiner Schwiegermutter in Jena an. Zwei Tage später kündigte auch Österreich die Grenzschließung an.

Die ersten Tage verbrachte ich in einer Art seelisch-mentalen Lähmung. Ich versuchte einen neuen Lebensrhythmus für meinen Alltag zu finden. Ich ging nur wegen Einkaufen und bisschen Bewegung raus. Tirana ohne Autos war gespenstig wie erhellend zugleich. Ich sauste auf meinem Pennyboard durch die autoleeren Straßen. Den ersten Sonntagabend verbrachte ich bei Katharina mit Tatort und Anne Will guckend. Als ich am späten Abend nach Hause lief, fühlte ich mich so, als ob ich etwas Verbotenes täte. Ab dem nächsten Tag war mit den Spaziergängen und Besuchen zu willkürlichen Zeitpunkten tatsächlich vorbei. Wir durften nur noch vier Stunden von sechs bis zehn, dann am Nachmittag von vier bis sechs das Haus verlassen. Viele Albaner nahmen diese Regelungen, wie die Verkehrsregeln, eher als Ratschläge wahr. Von meiner Terrasse aus konnte ich junge Männer beobachten. wie sie auf dem Parkplatz der Universität, der ansonsten brechend voll war, Fußball spielten. Der Parkplatz war allein über eine schmale Seitenstraße zu erreichen und war durch das U-förmige Gebäude der Universität sowie der Cafeteria von allen Seiten vor forschenden Blicken geschützt. So konnten sie ihre Freundschaftsspiele abhalten und danach das Gelände unbemerkt verlassen. Die Polizei patrouillierte währenddessen unwissend auf der anderen Seite des Gebäudes und kontrollierte die vorbeifahrenden Autos. Vom Fußball bekamen sie nichts mit.

Es gab nicht überwiegend viele Corona-Fälle im 3-Millionenland Albanien, aber deren Zahl wuchs Tag für Tag. Am Höhepunkt der Pandemie in Albanien lag sie um die 100 bestätigten Fälle pro Tag. Wahrscheinlich hing das neben den wachsenden Zahlen der Infizierten mit der „Zuhause-Bleib-Moral“ der Albaner zusammen, dass die Einschränkungen immer mehr verschärft wurden, bis eine komplette Ausgangssperre erreicht war. Sie traf mich mental unerwartet hart.  Die Politiker sagen, man könne mit dem Appellieren auf die Grundrechte keine Wahl gewinnen. Sie sagen, sie seien zu abstrakt. Diese Meinung muss sich spätestens seit Corona als falsch erwiesen haben. Ich spürte das Nichtvorhandensein des Grundrechts auf Bewegungsfreiheit diese Tage an meinem eigenen Gemüt. Eine nur sehr schwer definierbare Angst kroch mir unter meine Haut bis in meine Knochen. Die elementare Angst um meine Freiheit, die sich in ganz kleinen und eigentlich selbstverständlichen Sachen manifestiert. Joggen wann und wohin ich will. Fehlanzeige. Die albanische Regierung war der Meinung, dass Leute an der frischen Luft eine potenzielle Gefahr darstellen und sie stellte an jeden Eingang des Parkes Polizei, die jedem den Zutritt zum Park verweigerte. Mit der Ausgangsperre wurde sowieso jeglicher Sport außerhalb der eigenen vier Wänden unmöglich, da wir nur zu bestimmten Zeiten rausdurften, nur um die nötigsten Einkäufe zu erledigen. Keine Spaziergänge për qejf[1]!

An manchen Tagen konnte ich mich von der allgegenwärtigen Situation distanzieren, war ziemlich gelassen und konnte gut arbeiten. Ich telefonierte außerdem viel mit meiner Familie. Aber jene Angst überfiel mich trotzdem in 3-4 Tagesrhythmus, dass etwas meinen Eltern, meinem Mann oder eventuell mir zustoßen könnte, und ich sitze in Albanien fest und kann das Land nicht verlassen.  Ich versuchte, mich bei der Botschaft und beim DAAD zu informieren, bekam jedoch statt Informationsfluss nur Rieselbach. Die Botschaft hing den Kundgebungen des albanischen Staates hinterher. Das zeigt auch ihre E-Mail über die letzten Flüge aus Albanien anschaulich. An dem 21. März, es war ein Samstag, benachrichtige uns die Botschaft, dass Albanien seinen Luftraum schließen will, deswegen sollten alle, die nach Deutschland demnächst zurückkehren wollen, nach Flügen umschauen. Die Warnung hatte wohl nur einen symbolischen Wert – der Luftraum wurde an dem gleichen Tag um 00 Uhr geschlossen.

Die DAAD-Zentrale in Bonn war mit der Situation ebenso überfordert. Erst nach Mitte März kam eine erste E-Mail, die sich zwar nach unserem Wohlergehen erkundigte, aber bot uns leider kaum Orientierung. Fünf Tage nach der Einstellung des Flugverkehrs und neun Tage nach der ersten Mail kam eine zweite, in der der DAAD sein erstes Bedenken über unseren Verbleib im Gastland äußerte. Ich war im Hinblick auf die Situation vor allem von diesem Satz angetan: „Bitte bedenken Sie bei Ihrer Entscheidung, dass die Zahl der regulären Reiseverbindungen momentan rasch zurückgeht (…)“ Es war beinahe unmöglich, auf diesen Satz ohne Zynismus zu antworten, was ich aber aufrichtig versuchte, und dem DAAD mitteilte, dass diese Entscheidung nicht mehr in meiner Hand, vielmehr in dem labyrinthähnlichen Gehirn von Edi Rama liegt. Es schien so, dass ich vorerst aus Albanien nicht wegkomme, auch wenn ich wollte.

[1] aus Spaß

Dürfen wir bleiben? Wie Maik und ich im albanischen Behörden-Ring um die Aufenthaltserleubnis kämpften.

Wir kommen aus Deutschland und wollen in Albanien bleiben! Sagt alle: Halleluja! In der Migrationsbehörde wollte niemand Halleluja sagen… Aber eine Sache nach der anderen. Dieser Beitrag handelt von Asterix in Rom Albanien oder mit anderen Worten: wie wir uns im Irrgarten der albanischen Behörden zurechtfinden mussten.

Eine gute Nachricht an alle, die einen längeren Aufenthalt im Bunkerparadies planen: Visum braucht man für Albanien nicht. Auf der Seite der Botschaft steht, dass man sich lediglich bei der Polizeibehörde melden soll. Das klingt „easy“ – war mein erster Gedanke. Was aber eine einfache Prozedur vermuten lässt, artet in die ewige Geschichte einer komplizierten Antragstellung auf Aufenthaltserlaubnis aus.

 Als ich das Empfehlungsschreiben der Botschaft abgeholt habe, hat mir die Mitarbeiterin der Botschaft noch die Worte mit auf meinen Weg gegeben, dass ich eine bestimmte Person anrufen soll, um lange Wartezeiten zu vermeiden. Ich bewahrte den Zettel mit dem Namen und der Telefonnummer an einem sicheren Ort auf und als Maik in Tirana ankam, habe ich brav alles so gemacht, wie mir an der Botschaft empfohlen wurde.

Als Maik (mein Mann) und ich Ende Oktober mit dem Empfehlungsschreiben von der Botschaft in der Hand die Ausländerbehörde (in der Nähe der „Shqiponja“ ‘Adler’) betraten, waren wir noch der Meinung, dass es wirklich so funktionieren kann, wie mir erzählt wurde. Neinneinnein. Man soll leiden, man soll weinen, man soll vor Verzweiflung schreien, man soll für die Aufenthaltserlaubnis durch die Hölle gehen. Ansonsten kann man sie nicht genug schätzen.

Bei der Informationstheke der Ausländerbehörde sagte ich dem Wächter selbstbewusst, dass ich einen Termin bei Herrn Hoti* habe. Er hat mit seinem Kopf einfach nach links gedeutet. Das Zimmer, das wir betraten, war aber nicht das Büro von Herrn Hoti. Das war ein Raum, so groß wie ein kleines Klassenzimmer, in dem vier Mitarbeiter, auch Herr Hoti, hinter einer 1 x 0,5 großen Glasscheibe saßen. Er war ein großer Albaner mit glatze, mit einer Stimme, als wäre er immer heiser und mit einem ungewöhnlich guten Englisch. Er strahlte Autorität gemischt mit Ruhe aus. Wir brauchten auch diese importierte Ruhe, weil wir selbst überhaupt nicht ruhig, sondern genervt von der Situation waren. Der ganze Raum vermittelte die Botschaft: „Ihr wollt gar nicht hier sein. Geht einfach weg!“ In der Mitte gab es in zwei Richtungen graue Plastikstühle aufgestellt, die ich letztes Mal in Ungarn beim Kreisarzt in einer Plattenbausiedlung gesehen habe. Es gab keine festgelegte Ordnung, wer wann dran ist, manchmal versuchten Leute die Mitarbeiter direkt anzusprechen und so das Warten kürzer zu machen. Als wir endlich an der Reihe waren, ballerte uns Herr Hoti mit Informationen voll, was wir alles besorgen müssen.

Für die Anmeldung, also den Erhalt die Aufenthaltserlaubnis braucht man:

Polizeiliches Führungszeugnis (noch in Deutschland beantragen!)

Empfehlungsschreiben der deutschen Botschaft

Stipendienzusage des DAAD

Versicherungsnachweis

3 Passfotos

Kopie des Reisepasses

Kopie des Mietvertrags samt Zertifikat des Vermieters (die Vermieter wissen, worum es geht).

Arbeitserlaubnis

Bestätigung der Deutschen Abteilung an der Universität über die Tätigkeit als Sprachassistentin.

Wenn jemand mit Ehepartner einreist: Eheurkunde mit Apostille (oder abgestempelt von der deutschen Botschaft)

Die Beantragung kostet ungefähr. 10.000 Lekë (80 Euro), abgesehen von den Übersetzungs- und Kopiergebühren.

Das ist aber nicht alles. Um die Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, braucht man als erstes die Arbeitserlaubnis.

Für die Arbeitserlaubnis:

Stipendienzusage des DAAD

Bestätigung der Deutschen Abteilung an der Universität über die Tätigkeit als Sprachassistentin

Kopie des Reisepasses

Kopie des Mietvertrags

Wir sind aus allen Wolken gefallen.  Vollkommen überfordert sind wir zur Bank gerannt, dann zurück zur Ausländerbehörde, dann zum Copyshop, wieder zur Behörde, dann zu einem Übersetzerbüro. Weil natürlich alle deutschen Dokumente ins Albanische übersetzt werden sollten. Lang lebe das Assoziierungsabkommen mit der EU! Die albanischen Behörden versuchen nämlich so zu tun, als ob sie alles sehr genau machen wollten. In der Wirklichkeit sind die Gesetze und Vorschriften sehr elastisch. Das Problem ist, dass niemand weißt, zugunsten wessen sie elastisch sind. Wir hatten Glück zum Beispiel, als wir das zweite Mal in der Ausländerbehörde waren. Obwohl das erste Mal gesagt, brauchten wir doch keine Apostille für unsere Eheurkunde, es hat plötzlich ein Stempel von der Botschaft ausgereicht. Und es ging so weiter. Bei jedem Termin wurde die Vorschrift bezüglich eines Dokumentes gelockert oder die Liste mit einem neuen Dokument ergänzt. Wir hatten allerdings das Gefühl, dass wir nie fertig werden. Und jedes Mal hieß es: Wir brauchen nur noch ein Dokument, dann kann der Antrag endlich gestellt und das Verfahren offiziell eröffnet werden. Obwohl ich jedes Mal gedacht habe, dies ist schon passiert war. Letzten Endes dauerte es mehr als drei Monate, bis wir den Antrag tatsächlich stellen konnten! Fairerweise muss man auch erwähnen, dass wir unsere Aufenthaltserlaubnisse ziemlich schnell bekommen haben und Herr Hoti uns gegenüber sich sehr kulant verhalten hat. Sie ist allerdings einfach ein Stück Papier mit einem Passfoto. Wenn ich unterwegs war und irgendwo hinfliegen musste, wurde ich ein einziges Mal danach gefragt. Aber nur gefragt. Die Erlaubnis wollte niemand sehen.

Jetzt verstehe ich, warum vor mir keine(n) Sprachassistenten/in geschafft hat oder es für nötig hielt, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Ich kann mit diesem historischen „Ersten Mal“ in die nicht geführte DAAD-Geschichte einziehen.

An dem Tag, an dem wir unsere Aufenthaltserlaubnisse abholen durften, hat sich von uns Herr Hoti mit den Worten verabschiedet, dass wir uns in einem Jahr sehen werden. An dem Abend gingen wir in eines unserer Lieblingsrestaurants – nicht zuletzt wegen des Biers Puka, das man dort trinken kann. Als wir uns hingesetzt haben, leuchtete Hotis bekannte Glatze in der anderen Ecke des Restaurants auf. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit dieser Begegnung war, weiß ich nicht. Ein Geschenk vom Schicksal, damit wir unser großes Glück, dauerhaft in Albanien verweilen zu dürfen, nicht vergessen.

*Der Name wurde geändert.

Projekt „Albanien“: Wo das Abenteuer beginnt. Ich kam im September 2018 voll von Erwartungen und Ideen als DAAD-Sprachassistentin nach Tirana. Ein Erfahrungsbericht über den ersten Monat in Albanien.

Ich kam am 1. September, einem Samstag am Flughafen Rinas an. Ich schreibe Rinas, obwohl der einzige internationale Flughafen Albaniens Tirana International Airport „Nënë Tereza” heißt. Der Flughafen bekam nach der Seligsprechung der gebürtigen Skopjanerin den Beinamen „Mutter / Nënë Tereza”. Rinas heißt eigentlich das nächstgelegene Dorf.

Der Minibus brachte mich vom Flughafen bis zum Sheshi i Skenderbeut, d.h. zum Skenderbegplatz, dem Stadtzentrum. Das Bild des Stadtzentrums wandelte sich gewaltig seit den vier Jahren, als ich das letzte Mal eine längere Zeit in Tirana verbracht hatte. Das Zentrum wurde zur Fußgängerzone. Dies, anbetracht dessen, wie „autogeil” die Albaner sind, war ein erheblicher Unterschied und ein großer Schritt in die Richtung nachhaltige Stadt. Obwohl böse Zungen behaupten, der Umbau wurde von der Türkei getragen und diene der Frömmigkeit. Es sollen nämlich auch diejenige beten können, die bisher draußen stecken blieben, weil die älteste Moschee der Stadt mittlerweile zu klein ist. Ob dies stimmt, weiß ich nicht, aber es hat nicht geschadet. So können die Bewohner der Stadt das Stadtzentrum als sozialer Raum (zurück)erobern. Heute ist der Platz zwischen dem Nationalmuseum, der Nationalbibliothek und der Et’hem Bej Moschee komplett mit Steinplatten bedeckt. Am südlichen Ende des Platzes, inmitten einer kleinen Grünanlage erhebt sich der Nationenretter, der Türkenjäger, der große Held der Albaner: Skenderbeg und bewacht die Stadt.

Zum Glück konnte ich schon vor meiner Reise eine Unterkunft finden. Das dreistöckige Haus, in dessen zweiten Stockwerk sich die Wohnung befindet, steht genau hinter dem Gebäude der Fremdsprachenfakultät und ganz in der Nähe des Stadtparks. Das Haus gehört einem älteren Ehepaar. Sie bewohnen die untere Wohnung des Hauses, gehen jeden Morgen um sieben Uhr in einen Park spazieren, trinken am Wochenende Raki auf der Dachterrasse und beobachten die Gegend. Sie sind die besten Vermieter ever. Die nettesten, hilfsbereitesten Leute, die ich je kennengelernt habe. Ihr warmherziger Empfang machte die ersten Tage einfacher. Mir war ja Albanien nicht unbekannt, trotzdem bedeutete die Sprachassistenz eine Riesenveränderung. Erstmal musste ich mich seit langen Jahren ohne meine andere Hälfte (Maik) zurechtfinden. Aber es ging irgendwie schon. Der Alltag war einerseits nicht so aufregend im positiven Sinne, andererseits war ich nicht ganz alleine, da ich schon einige Leute hier kannte. So fiel mir die Decke an den ersten Tagen nicht auf den Kopf. Außerdem begann der einmonatige Kurs schon zwei Tage nach meiner Anreise – oder ich erhoffte es so zumindest.

Informationen zum Sprachkurs konnte man im Netz nirgendwo finden. Es gab nur Erfahrungsberichte ein-zwei ehemaliger Teilnehmerinner und vage und unüberprüfbare Aussagen einiger von den hiesigen Dozenten. Dies störte mich nur soweit, dass der DAAD vorab die Informationen verlangte, um später die Kursgebühren zu erstatten. So begann ein langer E-Mailwechsel zwischen mir dem Direktor der Abteilung. Der Direktor, der sich am ersten Kurstag stolz als Leiter des Sprachkurses vorstellte, wirkte auf mich in unserem E-Mailverkehr genervt und unwissend. Seine Antworten wichen von den nachhinein erscheinenden spärlichen Informationen auf der Homepage der Fakultät ab, weswegen ich so dreist war, dass ich ihn im Sommer mit meinen E-Mails belästigte. Seine letzte Antwort auf meine Frage, ob er die Informationen der Homepage in einer E-Mail offiziell bestätigen könne, lautete: Er habe dazu (als Direktor!!!!) keine Befugnisse und er sei sowieso im Urlaub. Die Angaben der Homepage sollen stimmen. Basta. Ich zuckte mit den Achseln und übersetzte dem DAAD seine Antwort Wort für Wort. Auf mein größtes Erstaunen wurde der Zuschlag für den Sprachkurs genehmigt. Ich entdeckte vor dem Kursbeginn sogar ein Online-Anmeldformular zum Kurs. Ich füllte es aus und verschickte es, damit es in eines der schwarzen Löcher des Netztes landet – ich bekam nie eine Bestätigung. Natürlich auch keine Einladung. Nichts. Am Montag, als ich den Kursbeginn erahnte, ging ich in die Uni und versuchte die Abteilung für Albanologie zu finden. Langsam versammelten sich ein paar Ausländer, die auch am Kurs teilnehmen wollten. Wir wurden in einen Vorlesungssaal hineingetrieben. Und wir warteten. Und warteten. Und warteten. Bis ein paar Dozentinnen auftauchten und uns einen Einstufungstest ausfüllen ließen. Danach durften wir gehen. Am nächsten Tag wurden wir aufgrund unserer Testergebnisse in Gruppen eingestuft. Ich kam in die Gruppe B2. Wir waren nur drei Personen. Ich bin ein großer Fan von Kleingruppen, aber diese Situation war bisschen verstörend. Vor allem, da die eine Person, ein serbischer Student, nach zwei Wochen wegen seiner Prüfungen den Kurs abbrechen und nach Belgrad zurückkehren musste. So blieben Vladimir und ich. Vladimir war ein angenehmer Co-Student aus Sofia. Er kam immer zu spät. Manchmal nur 10 Minuten, was kein Problem darstellte, weil 10 Minuten auch bei unserer Dozentin die Regel waren. Manchmal aber kam er 20-30 Minuten zu spät. Er betritt den Raum immer voller Ruhe. Er schleifte sich zu einem Tisch, setzte sich, packte seinen Laptop aus, klappte ihn auf und begann die Buchungen eines bulgarischen Reisebüros zu bearbeiten, für das er arbeitete. Ab und zu beantwortete er eine Frage der Dozentin oder füllte flüchtig den Lückentext aus. Er scheute sich nicht, ständig nachzufragen, wo wir im Text stehenblieben oder was die Aufgabe sei. Ich fühlte die ganze Zeit Fremdschämen.

Die Kursbücher wurden von der Fakultät zur Verfügung gestellt. Die Autoren waren die Dozenten der Fakultät. Eigentlich waren das Lehrbuch und das Aufgabenheft gar nicht so schlecht aufgebaut. Die behandelten Themen waren aktuell, und gelegentlich gab es auch sinnvolle Aufgaben. Oft mussten wir jedoch grammatische, sogar sprachwissenschaftliche Aufgaben lösen, die gar nichts mit dem Spracherwerb oder dem Sprachgebrauch zu tun hatten. Zum Beispiel das Ausfüllen von Verb- und Adjektivtabellen oder Kategorisierung der verschiedenen Wortgattungen aufgrund von Wortbildungsmerkmalen usw. Außerdem gab es leider immer wieder Fehler in den Übungen, die das Lösen der Aufgaben unmöglich machten. Lückentext mit zu wenig oder zu vielen Wörtern war oft der Fall. Eine zweite überarbeitete Auflage soll folgen. Ich kann sie kaum erwarten.

Das Highlight des Kurses sollte ein zweitägiger Ausflug gewesen sein. Wir erhielten – wie gewohnt – keine Informationen über diese Unternehmung, außer, dass sie während des Kurses stattfinden sollte. Irgendwann sickerten dann das ungefähre Datum und das Ziel durch: Ende der dritten Woche soll es nach Korça gehen. Wir erkundigten uns an jenem Montag bei unserer Dozentin. Sie war bisschen irritiert von unserer Fragerei. Wir werden ja alles rechtzeitig erfahren. Als sie erfuhr, dass ich aus mehreren Gründen nicht mitfahren will, versuchte sie mich mit zwielichtigen Argumenten zu überreden. Die Exkursion sei ein Bestandteil des Kurses. Deswegen findet sie am Donnerstag und Freitag statt. Es ist ja alles von der Uni (in meinem Fall von mir, ich musste ja in Vorkasse gehen) bezahlt. Deswegen gehört es sich nicht, wenn ich nicht mitfahre. Meine Gegenargumente, nämlich, dass ich Korça schon mehrmals besuchte und dass ich anderswertig beschäftigt bin, wurden nicht wirklich akzeptiert. Mein drittes und eigentlich triftigstes Argument habe ich für mich behalten: Die chaotische Organisation und die fehlenden Informationen! Ich war nicht bereit, an einer Exkursion teilzunehmen, von der ich so gut wie nichts wusste. Dazu hatte ich genug Erfahrungen auf dem Balkan gemacht. So blieb ich in Tirana. Wie ich feststellen konnte, war ich mit dieser Meinung nicht allein. Ich sah andere Kurteilnehmerinnen in Tirana während der Exkursion.

Wir hatten außerdem jeden Tag nach dem Sprachkurs verschiedene Vorträge von der Sprachwissenschaft über Geographie bis zum Journalismus. Einige waren spannend und / oder aufschlussreich, andere eigneten sich gut zum Hörverstehen. Aber sie alle hatten eine Sache gemeinsam. Egal welches Gebiet den wissenschaftlichen Rahmen des Vortrags bildete, ein Satz wurde jedes Mal als Totschlagargument für die jeweilige These angeführt: „Ihr wisst es bestimmt nicht, aber Albanien war ja lange ein abgeschottetes Land. Deswegen…“ Es wäre schon ein nicht zu unterschätzendes Ergebnis, wenn jemandem, der seit Jahren Albanisch lernt, diese Tatsache bisher unbekannt geblieben wäre. Aber spätestens jetzt hatte er keine Chance mehr, sich diesem Stück albanischer Geschichte zu entziehen. Der Kurs wurde mit einer Prüfung beendet und wir bekamen eine Urkunde über das erreichte Niveau. Die Prüfungstests wurden wahrscheinlich nie korrigiert.

Mein Fazit: Wenn man Zeit und bisschen Geld hat (der Kurs ohne ein ominöses Stipendium vom Ministri i Arsimit kostete ca. 240 US Dollar samt Prüfungsgebühr) kann den Kurs mal machen. Er ist nett, unorganisiert, so halt, wie man es vom Balkan kennt. Man kann diese Zeit durchaus genießen, wenn man seine Erwartung gegenüber dem Kurs herunterschraubt, dafür aber die wunderschöne Landschaft genießt. Aber einmal reicht vollkommen.

Projekt „Albanien“

Die Mitteilung kommt ein ganz wenig verspätet: Meine Beiträge werden persönlicher, da es in den Posts um mein, um unser Leben gehen wird. Mein Mann, Maik, und ich haben  den Gedanken schon länger mit uns herumgetragen, für ein paar Jahre ins Ausland zu gehen, um uns einfach dem stressigen Alltag in Deutschland zu entziehen und uns Sachen zu widmen, für die wir wirklich Feuer und Flamme sein können. Ich wollte – auch wegen meiner Forschung – zurück nach Albanien / auf den Balkan. Gedacht, getan: Seit September 2018 arbeite ich als DAAD-Sprachassistentin an der Universität Tirana in Albanien. Der Gedanke ging schnell in Erfüllung – zwischen der Bewerbung beim DAAD und Ausreise vergingen nur sieben Monate. Die Sprachassistenz läuft ein bis zwei Jahre, aber Maik und ich wollen eventuell länger bleiben, je nach Möglichkeiten und Lust. Ich werde in der Kategorie „Projekt Abanien“ über unsere Erfahrungen schreiben. Die Erfahrungsberichte und Storys werden so gut wie möglich informativ, manchmal absurd und bizzar sein aber auch oft erhellend und zukunftsgläubig. Oder alles in einem.

Wie Großalbanien, gesteuerte Fremdenfeindlichkeit und Pseudo-Journalismus zusammenhängen

Normalerweise schreibe ich keine Komments. Ich „gönnte“ mir bei einem Artikel der FreieWelt.net eine Ausnahme, da mich die schädliche Art des Pseudo-Journalismus, den das Portal betreibt, stutzig gemacht hat. Das Portal veröffentlichte den Artikel unter dem Titel „Hashim Thaci fordert umfassende »Grenzkorrekturen« auf dem Balkan. Kosovo-Präsident befeuert Pläne für Groß-Albanien.“

Um meinen Komment nachvollziehen zu können, möchte ich eine Kostprobe aus dem Text geben:

„Während man ein EU-Ultimatum verstreichen ließ, der serbischen Minderheit im Kosovo mehr Rechte einzuräumen, träumt die Regierung in Pristina immer lauter vom Anschluss des Kosovo an Albanien sowie zusätzlichen Gebieten in Serbien, Mazedonien und Montenegro.“

Der Auftakt wahrt nicht einmal den Schein der Objektivität, die es in der journalistischen Praxis – wenn es nicht um Meinungsartikel geht – anzustreben gilt. Der Ausdruck, „immer lauter träumen“, abgesehen davon, dass er nicht existiert, ist konnotativ äußerst hochgeladen und abwertend, und somit hat er in einer Nachricht nichts zu suchen. Der Inhalt der Aussage ist wiederum schlicht gelogen. Der Artikel, der noch dazu ohne Autor erschien, wird in diesem Sinne und Stil fortgesetzt. Ich zitiere hier einen längeren Teil aus diesem Spektakel an glänzender journalistischer Arbeit, um das Niveau des Textes  zu zeigen:

„Hashim Thaci verlangte in Pristina erneut »Grenzkorrekturen«, also »die Vereinigung des Presevo-Tals mit dem Kosovo«. In der Region um die Städte Presevo, Bujanovac und Medvedje in Südserbien leben schätzungsweise bis zu 100.000 Albaner, die sich als von der Regierung in Belgrad zurückgesetzt bezeichnen.

Diese »Grenzkorrektur« sei »machbar« und »notwendig«, »weil es Serbien nicht geschafft hat, ihnen Minderheitenrechte zu garantieren«, lieferte Thaci zur Begründung. Neben den serbischen Grenzgebieten zum Kosovo verweist Thaci auch auf die in Mazedonien lebende halbe Million Albaner, plus Zehntausende in Montenegro.

Seit der vor zehn Jahren ausgerufenen Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien, die bislang lediglich von 111 der 193 UN-Mitgliedsstaaten anerkannt wird, ist die Frage von Grenzen in dieser Region ein sensibles Thema. Serbien besteht nach wie vor darauf, dass das emotional für ihn wichtige Kosovo eine Provinz seines Landes ist, nur derzeit abtrünnig.

Dieses hängt auch damit zusammen, dass das Amselfeld, was deutsche Entsprechung des serbokroatischen Wortes Kosovo ist, die Urheimat der Serben ist und ab dem 9. Jahrhundert Teil des Staatsgebiets war. Hier stehen die ältesten Klöster, Kirchen und Heiligtümer der serbisch-orthodoxen Kirche in einer heute mehrheitlich muslimischen Umgebung.

1454 verloren die Serben die legendäre Schlacht auf dem Amselfeld gegen die Türken. Serbien wurde Teil des Osmanischen Reichs wie auch das Nachbarland Albanien. Nachdem die Albaner recht bereitwillig zum islamischen Glauben übertraten, siedelten die Osmanen diese verstärkt im angrenzenden Kosovo an. Am Ende obsiegte die Geburtenquote. Im späten 19. Jahrhundert war bereits der westliche Kosovo mehrheitlich albanisch besiedelt.“

Den ganzen Text kann man hier lesen.

Ich würde an dieser Stelle nur zwei Punkte hervorheben. Erstens bleibt es ein Rätsel, woher die Zitate von Hashim Thaçi stammen. Die Nachricht verweist oder benennt ihre Quellen nicht, und so sind die Informationen nicht überprüfbar. Zweitens fand die „legendäre Schlacht auf dem Amselfeld“ 1389 statt, und nicht, wie der Text behauptet, 1454. Und sei es noch erwähnt, dass neben Serben auch Bosnier, sogar Albaner in dieser Schlacht gegen die Türken gekämpft hatten. Es gab zwar auch eine zweite Schlacht auf dem Amselfeld, aber immerhin sechs Jahre früher als im Text geschrieben und sie nimmt in der Erinnerungskultur der Serben und Albaner im Vergleich zu 1389 keinen zentralen Platz ein.

Mein Komment zum Artikel lautete so:

„Hallo,

ein paar Wörter zur journalistischen Qualität: Artikel ohne Autor? Wenn jemand – sei „nur“ ein Blogger – ernst genommen werden möchte, publiziert nicht ohne Namen. Oder ist dies der Leitartikel, wenn nur „Redaktion“ darunter steht und vertritt die ganze Redaktion diese Meinung? Ich finde es außerdem bedenklich, dass ein Online-Nachrichtenportal, das sich an die Zivilgesellschaft wendet, ideologisch gelenkte Nachrichten verbreitet, ohne diese Ideologie offenzulegen und unter der Tarnung des Journalismus Fremdenfeindlichkeit schürt.

Aus historischer Sicht beinhaltet der Text viele umstrittene Punkte, Desinformationen und Verzerrungen, alles im Sinne des zu vermittelnden Bildes. Es würde zu weit gehen, alles zu widerlegen, so empfehle ich nur zwei Monographien zum Thema: von Noel Malcolm „Kosovo: A Short History“ und von Oliver Jens Schmitt „Kosovo: Kurze Geschichte einer zentralbalkanischen Landschaft“. Jeder kann die Aussagen des Textes und die der Kommentare nachprüfen und selbst über ihren Wahrheitsgehalt entscheiden.

Zu den Geschehnissen der letzten Tage: Die Behauptungen sind leider vollkommen aus ihrem Kontext gerissen. Thaçi steht in Verhandlung mit dem serbischen Präsidenten Vučić über gegenseitigen Grenzkorrekturen, eigentlich über Gebietsaustausch: der Nordkosovo gegen das Preševo-Tal. Also es geht nicht – wie das dieser Artikel behaupten möchte – um großalbanische Visionen, sondern um eine mögliche Lösung für die Beilegung des Streits zwischen Serbien und dem Kosovo. Ob ethnisch homogene Staate in einem Gebiet, wo heterogene Gesellschaften und interkulturelle sowie interreligiöse Kulturen historisch tief verankert sind, die richtige Lösung sei, steht auf einem anderen Blatt. Wer an relvanten Artikel zum Thema lesen möchte, dem kann ich  den Text der NNZ empfehlen.

Es geht nicht darum, mich im Streit zwischen Serbien und dem Kosovo zu positionieren. Ich möchte weder das mögliche Abkommen noch die Absichten  von Aleksandar Vučić oder Hashim Thaçi verklären oder beschönigen. Im Gegenteil. Diese eventuelle Lösung wie die Personen gewähren genug Stoff zur Diskussion. Die zwei starken Männer der zwei Balkanstaaten sind keine unbeschriebenen Blätter, sondern geschickte jedoch moralisch zweifelhafte Strippenzieher der Politik. Der serbische Präsident wurde neulich wegen der verstärkenden Gleichschaltung der Medien und seines inszenierten Bildes des großen Herrschers, um den ständig lebensbedrohliche Gefahren lauern, kritisiert. Währenddessen konnte der kosovarische Präsident die Vorwürfe wegen möglicher Verwicklung in Organhandel und organisierte Kriminalität immer noch nicht aus dem Weg räumen.

Es geht vielmehr darum, was nicht gutgemeinter Pseudo-Journalismus verursachen kann. Eigentlich ist der oben zitierte Artikel ein medialer Stellvertreterkrieg. Denn das Portal „Die freie Welt“ will gar keine journalistische Arbeit leisten, umso mehr politisch und ideologisch Gleichgesinnte versammeln, Anfällige indoktrinieren und fremden- besonders islamfeindliche Diskurse massenkompatibel machen. Das Impressum verrät einiges über dieses Organum und die Personen, die dahinterstehen:

 „Deutschland befindet sich in einem Erneuerungsprozess. Alte Strukturen und verkrustete Entscheidungsprozesse geben mangelhafte oder verzögerte Antworten und Lösungen auf politische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Fragen und Probleme der Bürger von heute.

Die FreieWelt.net will dazu beitragen, den Erneuerungsprozess in dieser Aufbruchszeit, in der Überholtes durch Neues ersetzt wird, den Erneuerungskräften und Bewegungen aus der Zivilgesellschaft den Weg zu öffnen und eine Bühne zu bieten, so dass sie an der Gestaltung von Antworten und Lösungen aktiv mitwirken können. 

Unsere Leitlinien sind die Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats und der Gewaltenteilung, der Sozialen Marktwirtschaft im Geiste Ludwig Erhards und das Menschenbild der jüdisch-christlichen Tradition in seiner historischen Vielfalt, sowie der Schutz der Bürgerrechte.“

Schöne Worte, das Portal muss ein wahrer Verfechter der Demokratie sein. Aber was soll das für ein „Erneuerungsprozess“ sein und seit wann befinden wir uns in einer „Aufbruchzeit?“ Der Herausgeber der FreieWelt.net heißt Sven von Storch. Unter den Autoren finden wir auch seine Frau, Beatrix von Storch. Sie sind die Meinungsmacher der AfD, die im Hintergrund mehrere politische Netzwerke, Vereine und Internetseiten unterhalten. Im Redaktionsbeirat sitzen angeblich Karl Feldmeyer und Dr. Klaus Peter Krause. Beide waren jahrzehntelang über Redakteure (Krause Ressortleiter) bei der FAZ. Feldmeier ist übrigens seit eineinhalb Jahre tot. Krause kann uns hoffentlich noch lange mit solchen Perlen des Meinungsjournalismus bescheren, wie sein Schreiben unter dem Titel „Diese lange Hitze“, in dem er das Klimawandel bestreitet und die Forscher, die uns vor dem Klimawandel warnen, „Die Priester der CO2-Sekte“ nennt. Ich verkneife jetzt lieber meinen vereinfachenden Kommentar über den moralischen Zustand der FAZ, deren ehemalige Mitarbeiter im glücklichen Ruhestand aus Spaß oder Langweile die Organe einer Partei unterstützen, deren Einstellung zur Demokratie und zum Humanismus mindestens zweifelhaft ist. Auch, wenn das Impressum das Gegenteil behauptet. Die Titel der Artikel auf dem Portal verraten viel über die eigentlichen Werte der Träger der Seite: „Über 112 0000 Einbürgerungen in 2017. Sechs von zehn Passdeutschen behalten alte Staatsbürgerschaft.“ Oder: „Mehr als 450 Verletzte bei Anti-Regierungs-Protest in Bukarest. In Rumänien lassen Sozialdemokraten auf das Volk einprügeln.“ So wie: „Durch wachsenden Widerstand Zahl der Abschiebung rückläufig. Immer mehr Migranten stoppen ihre Abschiebung.“ Es gibt aber auch richtig abgedrehte „Reportagen“ unter den Titeln: „Offenbarungseid der linken Multikulti-Regenbogen-Ideologen. Warum die Forderung nach mehr Vielfalt Heuchelei ist.“ Und „Globalisten im Kampf gegen die Souveränität der Völker. Abschaffung des Nationalstaates und Auflösung der »ethnischen Homogenität der Völker.«“

Damit die Komments auf der FreieWelt.net erscheinen, soll man nur „die Regeln höflicher Kommunikation“ beachten. Im Impressum heißt es außerdem: „Über die Qualität und die Erfahrung unserer Bloggergemeinde, einer wachsenden Zahl kompetenter Autoren, wollen wir die Freiheit der Meinung, den Meinungsaustausch und den Meinungsbildungsprozess in den unterschiedlichen Lebensbereichen in Deutschland bestärken.“ Ich bin der Meinung, dass ich die Regeln der Kommunikation in meinem Komment eingehalten habe. Trotzdem wurde er von der Redaktion bis heute nicht veröffentlicht. FreieWelt.net steht bestimmt nicht für freien Meinungsaustausch und auch nicht für eine freie Welt.

Nyílt levél minden kedves fideszes ismerősömnek

Kedves Fideszes Ismerőseim!

Én nem fogom tőletek azt kérni, hogy ne keressetek, mint sok más ellenzéki érzelmű barátom, ismerősöm, és nem fogom megszakítani veletek a kapcsolatomat, mert nem akarom, hogy a düh, az indulat és az elkeseredés vezesse a cselekedeteimet. Azt gondolom – mindannak ellenére, hogy szerintem a kormány és megmondóemberei direkt és indirekt is mindent megtesznek azért, hogy ezek a negatív érzelmek magasra csapjanak –, hogy az emberi kapcsolatok sokkal fontosabbak, mint a politikai hovatartozás, mivel ezek a pozitív érzesek tesznek minket igazán emberré. Ne az válasszon el minket, hogy hova húztuk az ikszünket, hanem a közös élményeink kössenek össze bennünket. Emellett persze teljesenen átérzem sok ismerősm ilyesfajta reakcióját. Számomra is érthetlen részint az eredmény, másrészt viszont sajnos teljesen világos a választási rendszer módosítása óta. (Csak halkan kérdezem: hol volt az ellenzék, mikor elfogadták a törvénymódosítást? Mind az a szerencsétlenkedés és értelmetlen kötélhúzás, amit most már másodjára kénytelen végignézni a szerencsétlen választó, bele van kódolva a rendszerbe, és az ellenzék vígan bele is megy ebbe a játékba.)

Csak még egy szót a választási rendszerhez, mivel sok fideszes szeret azzal érvelni, hogy végeredményben így is úgy is a Fidesz vitte el a legtöbb egy pártra leadott szavazatot. Igen, ez így van. Mégis. Egy megfelelően hangolt vegyes  választási rendszernek az lenne a dolga, hogy egyszerre valósítsa meg a választói akaratot és hozzon létre stabil többséget. Egyszerre. Igen. Ez lehetséges. Sőt, demokratikus választási rendszereknél ez a kettősség a legfőbb elv. Ezekben a vegyes választási rendszerekben a listák arra szolgálnak, hogy a parlamentben minél arányosabban jelenjen meg a társadalom leképeződése, a szavazók közvetlen képviselete, míg az egyéni körzetek pedig arra, hogy a legerősebb párt stabilan, nagy többséggel kormányozhasson (ami a választói akaratot persze torzítja). A Fidesz ebbe vegyes, kiegyensúlyozott rendszerbe duplán is beleszólt: az egyéni és listás mandátumok arányát 10 %-kal eltolta az egyéni, azaz a többségi rendszer irányába és közben az egyéni győztes jelöltjeire leadott szavaztokat még egyszer kiosztja saját magának listán győztes kompenzáció néven, ami a rendszer alapvetését tekintve egy oximoron. Ugyanúgy, mint az illiberális demokrácia. A töredékszavazatok általi kompenzáció biztosítja a választási rendszer igazságossságát. Nem pedig az igazságtalanáságát mint most, mikor minden fideszes egyenéni szavazat kettőt ér. És az is tiszta, hogy ilyen választási és pártfinanszírozási rendszerben illetve az ellenzéki pártok ilyen fokú szűklátókörűsége mellett, akik nem akarják vagy nem képesek a rendszer aljasságát látni, mindig a Fidesz fog relatív többséget szerezni, és ezzel kétharmadhoz jutni.

De vissza az eredeti témához.

Én baloldalinak vallom magam, de nem tartom sem az MSZP-t sem a DK-t igazi baloldali pártnak. Egyszerűen nem úgy viselkedtek kormányon. Az egész világon talán csak Bernie Sanders mer igazi baloldaliságot és nem pedig baloldali populizmust vagy baloldalinak hazudott gazdasági liberalizmust képviselni. Ez sajnos egy világjelenség. Szóval, csak azt akarom mondani, hogy amióta szavazok, de a legutóbbi két választáson biztos, minidig hasfájással mentem az urnához és úgy éreztem magam, mint aki kaviárt akar venni az Aldiban: az Aldiban nincs kaviár. De enni mégiscsak kell, vásárolni pedig csak a létező kínálatból lehet. Tehát mégis leadtam a szavazatomat, mert a szavazás sajnos arról is szól, hogy az ember saját magával és a saját elveivel is kompromisszumot köt. Vagy éppenséggel nem, és nem él szavazati jogával, ami persze a demokrácia szempontjából kontraproduktív. De ezt nyugodtan ki lehet jelenteni, hogy kompromisszumokat nem csak a politikusoknak kell kötni.

Lett, ami lett, a Fidesz kétharmadhoz jutott. Az élet így is megy tovább, viszont én arra kérem minden fideszes ismerősömet, hogy minden egyes alkalomammal, amikor a kormány …

… nem fogadja el, hogy egy demokráciában vannak civil szervezetek, amelyeknek igenis az a dolguk, hogy a körmére nézzek a mindenkori hatalomnak, és ezért egy hazug törvényt fogad el, ami sok civil szervezet működését – legyen a dolga bármilyen hátrányban élők és rászorulók megsegítése – ellehetetleníti, mondja el magában: IGEN, ÉN EZÉRT SZAVAZTAM A FIDESZRE ÉS HISZEK A DEMOKRÁCIÁBAN.

… a szakpolitikai törvényeket a szakma bevonása nélkül, néhány nap leforgása alatt fogadja el, mondja el magában: IGEN, ÉN EZÉRT SZAVAZTAM A FIDESZRE ÉS HISZEK A  DEMOKRÁCIÁBAN.

… a diáktüntetőket is valamilyen külső hatalom által irányított robotoknak képzeli, mert nem hiszi el, hogy 18 éves kor alatt is lehetnek az embernek saját gondolatai, és előállítássokkal, házkutatásokkal illetve pénzbírságokkal próbálja meg őket megfélelmíteni, mondja el magában: IGEN, ÉN EZÉRT SZAVAZTAM A FIDESZRE. EZ TELJESEN NORMÁLIS EGY DEMOKRÁCIÁBAN.

… politikusokat, akik csak szeretnék végezni a munkájukat, lesorosbérencez, és komoly ellezéki kérdésekre szinte már szégyelni valóan komolytalan válaszokat ad és ezzel elhetetleníti az értelmes, konstruktív politikai vitát, mondja el magában: IGEN, ÉN EZÉRT SZAVAZTAM A FIDESZRE ÉS HISZEK A DEMOKRÁCIÁBAN.

… nem hajlandó válaszolni valódi újságírói kérdésekre, amiket valódi újságírók, nem pedig újságíróknak látszó tárgyak tesznek fel, és a kormány tagjai egyszerűen nem mennek el politikai vitákra, ami által teljesen kiölik a demokratikus politikai vitakultúrát, mondja el magában: IGEN, ÉN EZÉRT SZAVAZTAM A FIDESZRE ÉS HISZEK A DEMOKRÁCIÁBAN.

… az egész országot egy gyűlölet- és félelembuborékban tartja fogva a mesebeli hétfejű migránssal rémisztgetve , és eléri hogy egy egész orszég hisztérikus rohamokat kapjon a nem létező veszély közeledtével, és ezzel a kormányt történelmi felelőség terheli abban, hogyha ebben az országban a gyűlölet alapértékké válik, akkor mondja el magában: IGEN, ÉN EZÉRT SZAVAZTAM A FIDESZRE ÉS HISZEK A DEMOKRÁCIÁBAN.

… nem képes a Szíriában, Jemenben, Irakban, Afganisztánban vagy épp Maliban tomboló polgárháborúról, terrorizmusról, az ivóvíz, étel és egészségügyi ellátás hiányáról, a civil társadalom kilátástalan helyzetéről, az ebből fakadó menekülhullámról és az ehhez kapcsolódó problémákról őszintén beszélni, és így tényleges megoldásokat keresni, hanem helyette gyűlöletet és félelmet szít, akkor mondja el magában: IGEN, ÉN EZÉRT SZAVAZTAM A FIDESZRE ÉS HISZEK A DEMOKRÁCIÁBAN.

… saját maga és Magyarország közé egyenlőségjelet tesz, és ezzel mindekit bűnössé és nem magyarrá kárhoztat, aki kritizáni meri a kormány tagjait és azok munkáját, sőt, ahogy Orbán Viktort hallottuk, jogilag is el fog járni a fél ország ellen a kormány, csak azért, mert ők máshogy látják a világot vagy mert a Fidesz veszélyeztetve érzi a betonszilárd kétharmadát, akkor mondja el magában: IGEN, ÉN EZÉRT SZAVAZTAM A FIDESZRE ÉS HISZEK A DEMOKRÁCIÁBAN.

Nem az a baj, hogy Orbán Viktor megváltozott. Ha ő hitelesen el tudja adni a történetét, hogy a szovjet tankokat elűző liberális elveket valló ifjú demokratából idegeneket és a másságot elutasító, konzervatív, a volt KGB-s Putyinnal haverkodó hatalomittas politikussá vedlett, ám legyen. De itt már rég nem arról van szó, hogy a pártok és szavazóik,máshogyan gondolkodnak a világról. Mert ha ez így is van, én úgy hittem eddig, hogy politikai és világnézeti különbségeikkel együtt is a legkisebb közös nezőjük a rendszerváltozás utáni pártoknak mégis az, hogy mindannyian hisznek a demokráciában. Nyolc év Fidesz-kormányzás megmutatta, hogy  a parlamenten erővel áttuszakolt törvények, amelyeknek persze mindig volt egy kormánypárti és egy ellenzéki olvasata is, mégsem a demokráciát, hanem a kormánypárt hatalmát erősítik. Orbán Viktor drasztikus változása ezen a ponton válik igazán fontossá: sokak számára ő jelentette az igazi lánglelkű demokratát, ezért csatlakoztak hozzá, ezért követték és istenítették őt. Ennel okán kérem most fideszes ismerőseimet arra, hogy minden nap biztosítsátok magatokat arról, hogy teljesen egyetértetek ezzel a rendszerrel és tökéletesen megegyezik a saját demokáciafelfogásotok az orbáni rendszerével. Ha ez nem így lenne, akkor most nehéz idők jönnének rátok is. Erkölcsileg.